Juli 2021

210706

ENERGIE-CHRONIK


Abschlussbericht zur europäischen Systemtrennung am 8. Januar liegt vor

Die Organisation der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) veröffentlichte am 15. Juli ihren Abschlussbericht zu der Großstörung am 8. Januar, bei der das kontinentaleuropäische Stromnetz eine Stunde lang in zwei Gebiete mit unterschiedlicher Netzfrequenz zerfallen war: In der nordwestlichen Zone, wo plötzlich Strommangel herrschte, stürzte die Netzfrequenz binnen 14 Sekunden auf 49,742 Hertz. Zugleich gab es in der südöstlichen Zone plötzlich einen großen Stromüberschuss mit einem blitzartigen Anstieg der Netzfrequenz bis auf 50,6 Hertz. Die Auftrennung erfolgte automatisch entlang einer Grenze, die durch Kroatien, den nördlichen Zipfel Serbiens und den nordwestlichen Teil Rumäniens verlief (210101).

"Die Systemtrennung war schwerwiegend, aber nicht so schwerwiegend wie die vom 4. November 2006"

Der Abschlussbericht baut auf dem Zwischenbericht auf, den die ENTSO-E bereits am 26. Februar veröffentlichte (210302). Demnach wurde die Störung vom kroatischen Umspannwerk Ernestinovo ausgelöst, weil der nationale Übertragungsnetzbetreiber HOPS aufgrund von Mängeln seines Kontrollsystems SCADA einen sich anbahnenden Verlust der Netzstabilität nicht rechtzeitig erkennen und abwenden konnte. Der Abschlußbericht enthält demgegenüber keine neuen Erkenntnisse und vermeidet explizite Schuldzuweisungen. Stattdessen unterstreicht er, dass die Störung schon binnen einer Stunde behoben werden konnte und keine größeren Auswirkungen auf die Energieversorgung der Verbraucher gehabt habe: "Die Systemtrennung vom 8. Januar 2021 war daher schwerwiegend, aber nicht so schwerwiegend wie die Systemtrennung vom 4. November 2006, bei der Millionen von Verbrauchern betroffen waren". Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass direkt nach der damaligen Systemtrennung (061101) das ENTSO-E Awareness System (EAS) eingeführt wurde, das den europäischen Übertragungsnetzbetreibern einen Informationsaustausch in Echtzeit ermöglicht. Dank des EAS sei es den Übertragungsnetzbetreibern jetzt möglich gewesen, die Situation schneller in den Griff zu bekommen und die beiden asynchronen Bereiche wieder zu koppeln.

"Große und weiträumige Stromflüsse werden weiter an Umfang und Häufigkeit zunehmen"

"Mit der fortschreitenden Energiewende werden große und weiträumige Stromflüsse auf paneuropäischer Ebene weiter an Umfang und Häufigkeit zunehmen", warnt der Abschlussbericht. Der Betrieb des Stromnetzes müsse deshalb ausreichend belastbar werden, um unerwartete Störungen und Fehler zu bewältigen und eine unverändert hohe Versorgungssicherheit der europäischen Kunden zu gewährleisten. Das Expertengremium gibt hierzu 22 Empfehlungen für Betriebssicherheitsberechnungen, Frequenzanalyse und -unterstützung sowie Kommunikation und Koordination der Übertragungsnetzbetreiber. Die Mitglieder der ENTSO-E und die Regulierungsbehörden werden aufgefordert, für die Umsetzung dieser Empfehlungen zu sorgen, um ähnliche Vorfälle in der Zukunft zu verhindern oder zumindest die Folgen abzumildern.

 

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