April 2025 |
250407 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte am 9. April die Verurteilung des ehemaligen Geschäftsführers der Stadtwerke Bald Belzig, Hüseyin E., zu Schadensersatz in Höhe von 3,5 Millionen Euro zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten. Geklagt hatte der Insolvenzverwalter der Stadtwerke, die Ende 2022 unter einem Schuldenberg zusammengebrochen waren, weil der Geschäftsführer das Geld mit spekulativen Warentermingeschäften an der Strombörse verzockt hatte (220108). Da er zu solchen Geschäften überhaupt nicht befugt war und damit eine „vorsätzliche unerlaubte Handlung“ beging, hatte das Landgericht Potsdam den geltend gemachten zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch mit Urteil vom 16. November 2023 anerkannt. Die von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen wegen Verdachts der Untreue wurden dagegen eingestellt.
Zunächst war versucht worden, die Stadtwerke über eine Insolvenz in Eigenverwaltung wieder zu stabilisieren. Dies scheiterte aber an der hohen Schuldenlast, die zunächst mit mehr als 20 Millionen Euro beziffert worden war, nach späteren Angaben aber sogar über 30 Millionen Euro betragen haben soll. Es kam deshalb zu einem regulären Insolvenzverfahren, bei dem die Gläubiger mit nur sehr geringen Abfindungsquoten rechnen konnten, zumal der weiter laufende Geschäftsbetrieb der Stadtwerke einen großen Teil der verfügbaren Masse aufgezehrt hatte.
In dieser Situation gelang es der Stadt, mit der kurzfristig gegründeten Bad-Belzig-Beteiligungsgesellschaft (BBB) die Stadtwerke Belzig GmbH aus der Konkursmasse herauszukaufen. Die Gläubiger sollen dafür sechs Millionen Euro bekommen haben. Die Beteiligungsgesellschaft gehörte zu 51 Prozent der Stadt und zu 49 Prozent dem Entsorgungskonzern Remondis, der bei der Suche nach einem finanzkräftigen Partner anscheinend das beste Angebot abgegeben hatte.
Wie aus dem Handelsregister hervorgeht, unterzeichnete die so beschaffene Beteiligungsgesellschaft am 10. Juli 2023 mit der Stadtwerke Bad Belzig Gmbh einen Verschmelzungsvertrag. Anfang 2024 wurde sie dann aus dem Handelsregister gelöscht. Am 13. März dieses Jahres erfolgte eine Neufassung des Gesellschaftervertrags für die Stadtwerke.
Die nunmehrige Anlehnung an Remondis kommt darin zum Ausdruck, dass die Stadtwerke mit der nordrhein-westfälischen Enervie-Gruppe kooperieren, bei der Remondis seit 2014 die frühere RWE-Beteiligung von 19,06 Prozent besitzt und neben den Städten Hagen (42,6 %) und Lüdenscheid ((24,12%) einer der drei größten Aktionäre ist (150211). Mit Hilfe der Enervie-Tochter Mark-E wurde ab 1. April dieses Jahres auch der Stromvertrieb wieder aufgenommen, der im Zuge der Affäre völlig eingestellt worden war.
Als einer der ersten Kunden sicherte sich der Bürgermeister Robert Putz demonstrativ die Belieferung mit "Fläming-Strom", wie die neue Stromvertriebsmarke getauft wurde, um die regionale Verbundenheit zu unterstreichen. Es dürfte aber nicht leicht sein, einen neuen Kundenstamm aufzubauen, nachdem der alte infolge der Einstellung des Stromvertriebs größtenteils von der benachbarten Energie und Wasser Potsdam (EWP) übernommen wurde oder bei der E.ON edis als zuständigem Grundversorger für Bad Belzig in die Ersatzversorgung gefallen ist. Insgesamt belieferten die Stadtwerke früher nur etwa zehn Prozent der Niederspannungskunden.
Robert Putz trat im April 2023 die Nachfolge des früheren Bürgermeisters Roland Leisegang an, der im Zusammenhang mit der Stadtwerke-Affäre am 11. Dezember 2022 per Bürgerentscheid mit großer Mehrheit abgewählt worden war. Ihm wurde vorgeworfen, als Vorsitzender des Aufsichtsrats nicht schnell und entschieden genug durchgegriffen zu haben, als sich die Verfehlungen des Geschäftsführers abzeichneten.