Februar 2024

240204

ENERGIE-CHRONIK





Nach einem Rückgang im Jahr 2022 hat der Anteil von Gas und Öl an neuen Heizungsanlagen nochmals sprunghaft zugenommen, weil viele Hauseigentümer die letzte Chance zur Neuanschaffung einer Anlage nutzten, die sie bis zum Ende von deren Lebensdauer mit Gas oder Öl betreiben dürfen.

Weitaus mehr neue Gas- und Ölheizungen als Wärmepumpen

Der Rekordabsatz von 356.000 neuen Wärmepumpen im vergangenen Jahr, den der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) am 22. Januar mitteilte (240109), wird noch um das zweieinhalbfache übertroffen durch einen Rekordabsatz von neuen Gas- und Ölheizungen. Dies ergibt sich aus den Zahlen, die der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) am 19. Februar bekanntgab. Demnach entfielen von insgesamt 1.308.500 verkauften Heizungen 790.500 auf Gas- und 112.500 auf Ölheizungen. Im Vergleich mit dem Vorjahr wurden zwar 51 Prozent mehr Wärmepumpen verkauft. Zugleich stieg aber der Absatz bei Gasheizungen um 32 Prozent und bei Ölheizungen sogar um 99 Prozent.

Branchenverband spricht von "Vorzieh- und Sondereffekten"

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie erklärt dieses überraschende Ergebnis mit "Vorzieh- und Sondereffekten": Zum einen habe im ersten Halbjahr 2023 der fortdauernde russische Überfall auf die Ukraine die Verbraucher einen weiteren Gasmangel mit extrem hohen Preisen wie im Jahr 2022 befürchten lassen, was zunächst zur boomenden Nachfrage bei Wärmepumpen beigetragen habe. In der zweiten Jahreshälfte habe dann jedoch "die Debatte um die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und die künftige Förderkulisse für eine gesteigerte Nachfrage bei der Modernisierung von Öl- und Gasheizungen gesorgt, während sich der Absatz von Wärmepumpen rückläufig entwickelte".

Wesentliche Ursache des Booms ist § 71 des Gebäudeenergiegesetzes

Das ist sicher nicht falsch, umschreibt aber einen sehr wichtigen Faktor mit nur sehr vagen Worten. Tatsächlich dürfte der überraschende Boom bei Gas- und Ölheizungen im wesentlichen auf eine zum Jahresende 2023 abgelaufene Frist im novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) zurückzuführen sein: Seit 1. Januar 2024 ist die Installierung neuer Öl- und Gasheizungen nur noch übergangsweise zulässig. Vor allem dürfen diese Anlagen nur noch kurze Zeit ausschließlich mit Gas oder Öl betrieben werden. Gemäß § 71 GEG müssen sie ab dem Jahr 2029 stufenweise ansteigende Anteile von grünen Gasen oder Ölen als Brennstoff verwenden: 15 Prozent ab dem 1.1.2029, 30 Prozent ab dem 1.1.2035 und 60 Prozent ab dem 1.1.2040 (230906).

Diese Verpflichtung zur Dekarbonisierung des Brennstoff-Mixes gilt ab dem Jahr 2029, weil angenommen wird, dass bis dahin alle Gemeinden ihre gesetzlich vorgeschriebenen Wärmeplanungen (231110) vorgelegt haben. In Großstädten (mehr als 100.000 Einwohner) dürfen Gas- und Ölheizungen schon nach dem 30. Juni 2026 nicht mehr installiert werden, in kleineren Gemeinden noch bis 30. Juni 2028. Das generelle Verbot neuer Gas- und Ölheizungen gilt auch dann, wenn die Gemeinden bis zu den genannten Terminen keine Wärmeplanung vorgelegt haben.

Der Nachteil für das Klima ist nicht ganz so groß wie es scheint

Kein Wunder also, wenn viele Hauseigentümer die letzte Chance genutzt haben, sich eine neue Gas- oder Ölheizung zuzulegen, die sie nun wie die alte Bestandsanlage – aber eben doch wesentlich länger – bis ans Ende ihrer Lebensdauer betreiben können. In der Regel erhöht sich mit der Neuanschaffung auch die Effizienz der Heizungstechnik. Und mit der höheren Effizienz ergibt sich für dieselbe Wärmeleistung eine entsprechende CO2-Einsparung. Da der Branchenverband BDH sowohl die fossile wie die erneuerbare Heizungstechnik vertritt, konnte er dieser Überlegung einiges abgewinnen. Er hat jedenfalls das Dresdener "Institut für Technische Gebäudeausrüstung" ausrechnen lassen, dass der unerwartete Boom bei Gas- und Ölheizungen kein so arger Rückschlag für den Kimaschutz ist wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.

Die Rechnung sieht folgendermaßen aus: Die neuen Gasheizungen emittieren bei gleicher Wärmeleistung jährlich 889.000 Tonnen Treibhausgase weniger als ihre Vorgänger. Bei den Ölheizungen sind es 174.000 t/a weniger. Zusammengenommen ergibt das 1.063.000 t/a. Auf der anderen Seite steht eine Treibhausgas-Minderung von insgesamt 1.971.000 t/a durch neu installierte Wärmepumpen (1.727.000 t/a), Biomasse (214.000 t/a) und Solarthermie (30.000 t/a). Summa summarum wären das also 3,034 Millionen Tonnen CO2-Vermeidung für das Jahr 2023, wobei die neuen Gas- und Ölheizungen gut ein Drittel zur Minderung beitragen.

Wieweit diese Rechnung im Detail stimmt, wird sich schwerlich überprüfen lassen. Im Prinzip trifft es natürlich zu, dass neue Gas- und Ölheizungen mit verbesserter Technik die Treibhausgas-Emissionen reduzieren können. Aber das war sicher nicht kaufentscheidend für die letztmalige Neuanschaffung von fossil befeuerten Heizungen, die bis ans Ende ihrer Lebensdauer betrieben werden dürfen. Man darf deshalb gespannt sein, wie sich die Absatzkurve in den nun folgenden zweieinhalb bzw. viereinhalb Jahren entwickeln wird, in denen zwar neue Gas- und Ölheizungen weiterhin eingebaut werden dürfen, jedoch ab 2029 stufenweise auf Ersatz-Brennstoffe aus erneuerbaren Energien umgestellt werden müssen.

 

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