April 2022

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ENERGIE-CHRONIK


40 Staaten unterstützen gemeinsam die Ukraine – auch mit Waffenlieferungen

Russland hat seinen Angriff auf die Ukraine im April fortgesetzt und noch größere Teile des Landes verwüstet. Offenbar will Kreml-Diktator Wladimir Putin bis zum "Tag des Sieges" am 9. Mai, der jedes Jahr in Moskau mit einer Militärparade gefeiert wird, endlich größere Erfolge vorweisen können, nachdem er den Widerstandswillen der Ukraine so arg unterschätzt hat. In der zweiten Monatshälfte begannen seine Truppen mit einer neuen Großoffensive im Donbass, um ihren Machtbereich in der Ostukraine zu erweitern. Der UN-Generalsekretär Guterres bemühte sich am 26. April in Moskau vergebens, den Kremlchef zum Einlenken zu bewegen. Außerdem ließ Putin zwei Tage später, als Guterres auch in Kiew Station machte und dort mit Vertretern der Regierung sprach, die ukrainische Hauptstadt offenbar vorsätzlich mit Raketen beschießen, wobei zehn Menschen getötet wurden. Anscheinend war das zugleich als demonstrative Antwort auf eine Konferenz gedacht, zu der das US-Verteidigungsministerium weltweit nach Ramstein eingeladen hatte. Bei diesem Treffen auf der amerikanischen Luftwaffenbasis in der Eifel vereinbarten die Vertreter von mehr als 40 Staaten am 27. April ein Hilfsbündnis zur Unterstützung der Ukraine, das auch die Lieferung von Panzern und anderen "schweren Waffen" einschließt. Unter den Teilnehmern befanden sich alle Mitglieder der NATO und der Europäischen Union, die der Ramsteiner Initiative aber bewußt einzeln und außerhalb dieser Strukturen beitraten. Ferner beteiligten sich Israel, Australien, Kenia, Tunesien sowie – per Videoschaltung – Japan und Südkorea. Für die Ukraine war deren Verteidigungsminister Reznikov zugegen. "Wir wollen es Russland schwerer machen, seine Nachbarn zu bedrohen", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Das Treffen werde als monatlich tagende "Kontaktgruppe" fortgesetzt, um den Verteidigungsbedarf der Ukraine zu erörtern und diese langfristig zu unterstützen.

Deutschland sagt Panzer zu, für die es bisher an Munition fehlt

Die deutsche Verteidigungsministerin Christina Lambrecht teilte bei dem Treffen in Ramstein mit, dass ihre Regierung am Vortag beschlossen habe, die Ukraine mit der "Lieferung selbstfahrender Gepard-Flugabwehrkanonen" zu unterstützen. Anscheinend war dabei aber nicht bedacht worden, dass die Munition für diese Panzer in der Schweiz hergestellt wird, deren Kriegsmaterialgesetz aus Neutralitätsgründen vorschreibt, keine Exporte in Länder zu genehmigen, die "in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt" sind. Der bei der Bundeswehr verfügbare Bestand an Munition für diese Panzer ist minimal. Es müsste also erst ein Ersatzlieferant gefunden werden, um sie tatsächlich einsetzen zu können. Und es wird auch einige Zeit dauern, bis die ausmusterten Fahrzeuge wieder betriebsbereit sind.

Gazprom dreht Polen und Bulgarien den Gashahn zu, weil sie nicht in Rubel zahlen wollen

Am 27. April hat Gazprom die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien eingestellt. Zur Begründung hieß es, dass beide Länder nicht bereit gewesen seien, ihre Bezüge gemäß den russischen Anweisungen in Rubel zu bezahlen. Der Lieferstopp scheint zumindest vorerst keine größeren Probleme zu bereiten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "Erpressungsinstrument" und kündigte an, dass Polen und Bulgarien nun von ihren EU-Nachbarn mit Gas versorgt würden. "Unsere Gasspeicher sind zu 76 Prozent gefüllt", versicherte der polnische Ministerpräsident Morawiecki. In Swinemünde verfügt Polen seit 2015 über ein LNG-Terminal, dessen Kapazität derzeit erhöht wird und dann ein Drittel des Bedarfs decken könnte. Eine noch größere Gasmenge soll spätestens 2023 durch die "Baltic Pipeline" aus Norwegen bezogen werden können. In Bulgarien ist die Gasversorgung zumindest solange gesichert, bis im Juni der Anschluss an das Gasnetz des benachbarten Griechenland fertig wird.

Mit dem Lieferstopp will Putin andere EU-Länder nötigen, seine Zahlungsbedingungen zu akzeptieren

In beiden Ländern wären die Verträge sowieso zum Jahresende ausgelaufen und wurden alternative Versorgungslösungen vorbereitet. Der russische Lieferstopp dient deshalb vor allem als "Erpressungsinstrument" gegenüber jenen westeuropäischen Gaskunden, die ihre Rechnungen bisher noch nicht in der verlangten Weise beglichen haben. Die Zwei-Konten-Lösung, mit der Putin scheinbar von seiner ursprünglichen Rubel-Forderung abrückte (220301), ist offenbar doch keine bloße Kosmetik, wie dies aufgrund der vagen Äußerungen von Bundeskanzler Scholz vermutet werden konnte, sondern unterläuft die von der EU beschlossenen finanziellen Sanktionen. Dies hat die EU-Kommission inzwischen deutlich gemacht, und das war auch der Grund, weshalb Polen und Bulgarien sich nicht darauf einließen. Der gegen sie verhängte Lieferstopp ist deshalb als Drohung zu sehen, mit Deutschland und anderen Ländern genauso zu verfahren, falls ihre Gasversorger die vom Kreml verlangte Prozedur nicht akzeptieren. Allerdings würde hier ein russischer Lieferstopp weit härtere Reaktionen zur Folge haben und fast automatisch zu einem Gas-Embargo der EU gegen Russland führen. Vor allem wären die finanziellen Folgen eines solchen Eigentors für den russischen Staatshaushalt katastrophal. Die erste Kraftprobe scheint im Mai stattzufinden, wenn Uniper (Deutschland) und OMV (Österreich) ihre Rechnungen begleichen müssen.

 

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