November 2021

211106

ENERGIE-CHRONIK


AfD pöbelt im Bundestag gegen die "kommunistische" Energiewende

In seiner Plenarsitzung am 11. November musste sich der Bundestag mit gleich drei Anträgen der rechtsextremistischen AfD zur Energiepolitik befassen, die rein propagandistischen Charakter hatten. Der erste war überschrieben mit "Horizont erweitern – Kernenergie für umweltfreundliche, sichere und kostengünstige Energieversorgung" und war ein Loblied auf die Segnungen der Kernenergie. Der zweite hieß "Blackout und Brownout verhindern - Energieversorgung sicherstellen" und verlangte die sofortige Rückgängigmachung des Kohleausstiegs. Der dritte forderte "Energiewende rückgängig machen – Wirtschaft und private Haushalte entlasten". Alle drei Anträge beruhten auf der Behauptung, das es "die angeblichen Beeinträchtigungen durch einen vom Menschen verursachten Klimawandel" überhaupt nicht gebe. Dagegen würden "fossile Brennstoffe auch bei steigendem Energieverbrauch noch lange Zeit zur Verfügung stehen", und Nuklearbrennstoffe seien "nach menschlichen Maßstäben unbegrenzt verfügbar". Typisch für den mit pseudowissenschaftlicher und sozialdemagogischer Phraseologie durchsetzten Unsinn war beispielsweise der Satz: "Die politische Zielsetzung, Deutschland und Europa von dem natürlichen, lebensnotwendigen Spurengas CO2 'frei' zu machen, vernichtet Wohlstand, wirkt auf die Gesellschaft bei der gegenwärtigen Strategie in gefährlicher Weise destabilisierend und schädigt die Umwelt."

"Es ist immer wieder erschütternd, wie viel Stumpfsinn und Falschbehauptungen aus der AfD kommen"

In der halbstündigen Debatte stießen die drei Anträge bei den anderen Fraktionen erwartungsgemäß auf Ablehnung, Spott und fassungsloses Kopfschütteln: "Es ist immer wieder erschütternd, zu erleben, wie viel Stumpfsinn und Falschbehauptungen aus den Reihen der AfD kommen", meinte die SPD-Abgeordnete Nina Scheer. Der Linke-Abgeordnete Ralph Lenkert fand es als Techniker "einfach nur irre", wie in dem AfD-Antrag zur Kernenergie die sogenannte Transmutation zu einer praktikablen Lösung des nuklearen Abfallproblems verklärt wurde. Auch Grüne, Union und FDP zeigten nicht die geringste Bereitschaft, den drei Schaufenster-Anträgen etwas abzugewinnen. Die beiden letzteren dürften es sogar als ausgesprochen peinlich empfunden haben, dass der AfD-Abgeordnete Karsten Hilse sie als potentielle Verbündete ansprach und an sie appellierte, endlich über "ihren Schatten zu springen" und sich am Kampf gegen die Energiewende zu beteiligen, die das Werk einer kommunistischen Verschwörung sei:

"Folgen Sie nicht weiter den Kommunisten, die unter dem Deckmantel, das Klima retten zu wollen, Deutschland zugrunde richten. Die Kommunisten propagierten früher, sie wollten das Proletariat befreien. Aber das Proletariat wehrte sich irgendwann gegen diese Vereinnahmung, weil das keine Befreiung, sondern eine Versklavung war. Nachdem auch die Befreiung der Afrikaner nicht so richtig funktionieren wollte, dachten sich die Kommunisten einen genialen Trick aus. Sie machten ein sogenanntes Rebranding und suchten sich als welthistorisches Objekt zur Rettung die Tiere, die Pflanzen und das Klima aus, wohlwissend, dass diese sich nicht wehren können."

Vor kurzem wurde in der ENERGIE-CHRONIK die optimistische Prognose gewagt, dass sich die AfD inzwischen wohl nicht mehr trauen würde, im Bundestag die "sofortige Aufgabe aller Klimaschutz- und Energiewendeziele" zu beantragen, nachdem die jüngsten Unwetterkatastrophen die Auswirkungen der Klimakrise drastisch vor Augen geführt haben (siehe Hintergrund, August 2021). Das war eine krasse Fehleinschätzung. Im Oberstübchen von führenden AfD-Politikern sieht es offenbar noch viel schlimmer aus, als man sich das vorstellen konnte.

 

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