September 2017

170913

ENERGIE-CHRONIK


Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen Prokon-Gründer ein

Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat ihre Ermittlungen gegen den Gründer des Windkraft-Unternehmens Prokon Regenerative Energien GmbH, Carsten Rodbertus, mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Dies bestätigte Anfang September eine Sprecherin der Behörde. Rodbertus war der Untreue und des Betrugs sowie der Insolvenzverschleppung verdächtigt worden, nachdem sein Unternehmen im Januar 2014 Insolvenz anmelden mußte (140107).

Frisch eingesammeltes Kapital zur Deckung von Schulden verwendet

Der Prokon-Chef hatte langfristige Investitionen in Windparks und andere Geschäfte mit Hilfe von kurzfristig kündbarem Kapital finanziert, das er über den Verkauf sogenannter Genußrechte einsammelte, indem er Kleinanlegern eine Verzinsung von mindestens sechs Prozent versprach. Faktisch waren es sogar acht Prozent. Mit einem gigantischen Aufwand für Werbung durch Postwurfsendungen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Fernsehen und durch zehn "Beratungsbüros" kamen so 1,4 Milliarden Euro zusammen. Als "vorläufiges Zeichnungsziel" nannte Prokon die phantastische Summe von zwölf Milliarden Euro. Damit lag der Verdacht nahe, daß es sich um ein sogenanntes Schneeballsystem handele, bei dem die attraktiven Zinsen und die Kapitalrückzahlungen nur solange Bestand haben, wie der Zustrom neuer Kapitalanleger anhält (130805). Zum Beispiel stieg im Hauptgeschäft mit Windparks die installierte Leistung von 2007 bis 2013 nur um die Hälfte. Das eingesammelte frische Kapital, mit dem Rodbertus die Prokon-Schulden und Ansprüche der Genußschein-Inhaber deckte, wuchs dagegen im selben Zeitraum um das 14-fache (140209).

Rodbertus hat noch ein anderes Verfahren am Hals

Dennoch hielt es die Staatsanwaltschaft offenbar für zu schwierig, die subjektiven und objektiven Voraussetzungen für ein betrügerisches Schnellballsystem nachzuweisen. Sie begründete die Einstellung des Verfahrens in diesem Punkt damit, daß die Windparks als "langfristige Renditebringer" zu sehen seien. Ebenso ließ sie den Vorwurf der Untreue durch Vergabe unbesicherter Millionenkredite fallen.

Am ehesten wäre wohl noch der Verdacht der Insolvenzverschleppung zu belegen gewesen. Wie die Staatsanwaltschaft gegenüber dem "Handelsblatt" (5.9.) durchblicken ließ, hat sie diesen Punkt nur deshalb gestrichen, weil gegen die drei ehemaligen Geschäftsführer des Unternehmens ohnehin noch ein weiteres Verfahren laufe, "in dem sie im Falle einer Verurteilung mit einer erheblichen Bestrafung zu rechnen haben". Vermutlich geht es dabei um steuerrechtliche Vorwürfe.

Nachfolge-Unternehmen bisher tief in roten Zahlen

Die Gläubigerversammlung der Prokon Regenerative Energien GmbH hatte sich am 2. Juli 2015 mit großer Mehrheit für die Fortführung des Unternehmens als Genossenschaft entschieden (150709). Die so entstandene Prokon Regenerative Energien eG betreibt derzeit in Deutschland 303 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 528 MW und in Polen 45 Anlagen mit 90 MW. Das im Mai veröffentlichte Konzernergebnis weist für das Geschäftsjahr 2016 einen Bilanzverlust von rund 89 Millionen Euro aus.

 

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