Januar 2013

130109

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Der Hybrid-Kühlturm des neuen Steinkohlekraftwerks Moorburg – hier ein Foto von den Bauarbeiten im Oktober 2011 – ist inzwischen so gut wie fertig. Wenn es bei der Gerichtsentscheidung bleibt, wird Vattenfall ihn im Dauerbetrieb einsetzen müssen, anstatt im Normalfall die wirtschaftlich günstigere Durchlaufkühlung mit Frischwasser aus der Elbe verwenden zu können.

Pressefoto Vattenfall

Kühlwasser-Auflagen für Kraftwerk Moorburg verschärft

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat den zwischen Vattenfall und dem Hamburger Senat vereinbarten Kompromiß um die Kühlung des neuen Steinkohlekraftwerks Moorburg gekippt. Aufgrund einer Klage des BUND-Landesverbands, die am 18. Januar verhandelt wurde, hat es dem Kraftwerksbetreiber "die Entnahme und die Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung des Kraftwerks" generell untersagt. Das bedeutet, daß Vattenfall den nachträglich gebauten Kühlturm ständig benutzen muß, anstatt bei normaler Wasserführung bzw. normalen Temperaturen der Elbe die wirtschaftlich günstigere Frischwasserkühlung verwenden zu können.

Die ursprüngliche Planung für das Kraftwerk sah überhaupt keinen Kühlturm vor. Seltsamerweise wurde dies anfangs weder von den Verfechtern noch von den Gegnern des Projekts thematisiert, obwohl der Streit um die Genehmigung einer der Hauptkonfliktpunkte der im Frühjahr 2008 gebildeten schwarz-grünen Koalition im Hamburger Rathaus war (080402). Erst aufgrund von nachträglich verfügten Beschränkungen der Kühlwasserentnahme, die eine zeitweilige Reduzierung der Kraftwerksleistung zur Folge gehabt hätten (080904), sah sich Vattenfall veranlaßt, doch einen sogenannten Hybrid-Kühlturm zu bauen, der mit seiner geringen Höhe die Stadt-Silhouette nicht beeinträchtigt (090708). Allerdings verlangte der schwedische Konzern Schadensersatz für die Mehrkosten infolge der nachträglichen Verschärfung der Auflagen. Erst unter dem neuen Konzernchef Loeseth wurde das vor dem Weltbank-Schiedsgericht ICSID angestrengte Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland beendet (100812).

Kühlturm verringert Elbwasser-Bedarf um das 64-fache, senkt aber auch geringfügig den Wirkungsgrad

Der so zustande gekommene Kompromiß hätte es Vattenfall ermöglicht, das neue Steinkohlekraftwerk den größten Teil des Jahres mit Durchlaufkühlung zu betreiben und den Kühlturm nur dann zu benutzen, wenn sonst die Temperatur des Elbwassers um mehr als drei Grad steigen würde. Während für die Durchlaufkühlung bis zu 64 Kubikmeter Elbwasser pro Sekunde benötigt werden, verringert sich dieser Bedarf bei Verwendung des Kühlturms um das 64-fache auf nur einen Kubikmeter. Allerdings sinkt dann auch der Wirkungsgrad des Kraftwerks infolge erhöhten Eigenstromverbrauchs um 1,5 Prozentpunkte auf 45 Prozent und die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks um drei Prozent.

Der Landesverband Hamburg des Bunds für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) sah keinen Grund, weshalb Vattenfall die Durchlaufkühlung weiterhin erlaubt sein sollte. Er argumentierte, daß dadurch unnötigerweise die Fischfauna geschädigt, Kleinstorganismen abgetötet und der Sauerstoffmangel in der Elbe weiter verschärft werde. Die wirtschaftlichen Nachteile, die Vattenfall durch den Dauerbetrieb des Kühlturms entstehen, seien demgegenüber vernachlässigbar.

Ob Vattenfall nun das Bundesverwaltungsgericht anrufen wird, steht noch nicht fest. Der Konzern will darüber erst entscheiden, wenn die schriftliche Begründung des Urteils vorliegt, mit dem das Oberverwaltungsgericht der BUND-Klage stattgab. Man gehe aber weiterhin davon aus, das Kraftwerk wirtschaftlich betreiben zu können, sagte eine Vattenfall-Sprecherin.

Links (intern)