November 1994

941115

ENERGIE-CHRONIK


Gericht verbietet Greenpeace "ehrverletzende" Plakataktion

Das Oberlandesgericht Hamm hat es der Umweltorganisation Greenpeace untersagt, den Vorstandsvorsitzenden der RWE Energie, Dietmar Kuhnt, weiterhin auf Plakaten in seinem Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld von bis zu 500 000 Mark angedroht. Greenpeace hatte Anfang November damit begonnen, mehrere Spitzenmanager und Politiker persönlich als "Klima-Killer" an den Pranger zu stellen. Die Aktion sollte bis zur Klimakonferenz 1995 dauern. Den Auftakt bildeten großformatige Plakate mit einem Porträt Kuhnts und der Überschrift "Ich ruiniere das Klima". Unter dem Bild folgte als Zusatz: "weil meine Kraftwerke jährlich 100 Millionen Tonnen CO2 in die Luft schleudern".

In der Entscheidung vom 21.11. stellt das Oberlandesgericht fest, daß Kuhnt durch diese Plakate in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt werde. "Sie setzen ihn in der Öffentlichkeit herab und verletzen seine Ehre". Greenpeace könne sich auch nicht auf die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes berufen. Für die politische Meinungsbildung sei solche "Schmäh-Kritik" weder erforderlich noch gerechtfertigt (Handelsblatt, 23.11.).

Kritik an "Rufmordkampagne"

BDI-Präsident Tyll Necker sagte wegen der Plakataktion ein geplantes Streitgespräch für das Greenpeace-Magazin ab, bei dem er mit Greenpeace-Geschäftsführer Thilo Bode über den Vorschlag einer Öko-Steuer diskutieren sollte. Der Vorstandsvorsitzende des Bayernwerks, Otto Majewski, erklärte: "Angesichts zurückgehender Spenden brennen bei Greenpeace offensichtlich die Sicherungen durch."

Die Frankfurter Allgemeine (12.11.) schrieb: "So wird der Boden für gewaltbereite Chaoten aufbereitet. Diese Kampagne verdient keine Sympathie mehr. Damit disqualifiziert sich Greenpeace selbst."

Das Handelsblatt (8.11.) kritisierte die "Rufmordkampagne" ebenfalls mit scharfen Worten und bezweifelte, ob diese "menschenverachtende Aktion" der richtige Weg sei, die Spendenfreudigkeit für Greenpeace in der Bevölkerung zu erhöhen. "Von den Greenpeace-Vorsätzen, mit der Industrie ins Gespräch zu kommen, statt wütend auf ihre Repräsentanten einzuschlagen, scheint nichts übriggeblieben zu sein."