Dezember 2025 |
251206 |
ENERGIE-CHRONIK |
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Zusätzlich zu den vorhandenen vier Bohrungen der Geothermie-Anlagen Insheim und Landau plant Vulcan Energy im Rahmen des Projekts "Lionheart" fünf weitere Bohrplätze mit bis zu 24 Förder- und Reinjektionsbohrungen. Bereits in Angriff genommen wurde der Bohrplatz Schleidberg auf der Gemarkung Insheim (Foto). In einer Bohrtiefe von 3000 Metern wurde hier eine Temperatur von 160 °C gemessen und eine vielversprechende Lithiumkonzentration von rund 183 Milligramm pro Liter ermittelt. Bis zum Ende des Jahrzehnts würde so ein integriertes System zur Gewinnung von Lithium, erneuerbarer Wärme und Strom entstehen. |
Das australische Unternehmen Vulcan Energy kündigte am 3. Dezember an, in Kürze mit der Gewinnung von Lithium aus geothermischen Anlagen in der Oberrheinischen Tiefebene zu beginnen. Inzwischen stehe ihm dafür ein Finanzierungspaket in Höhe von 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung, das sich aus Beiträgen europäischer und deutscher Regierungsbehörden, führender Geschäftsbanken sowie strategischer Industriepartner zusammensetze. Ziel des Projekts namens "Lionheart" sei es, ab 2028 jährlich bis zu 24.000 Tonnen Lithiumhydroxidmonohydrat zu produzieren. Das reiche aus, um rund eine halbe Million Elektrofahrzeuge mit Lithium-Batterien bestücken zu können. Darüber hinaus würden durch die geothermischen Anlagen jährlich bis zu 560 GWh erneuerbare Wärme und bis zu 275 GWh Strom für die Energieversorgung in der Region um die Stadt Landau in der Pfalz bereitgestellt. Spätestens bis zum Ende des Jahrzehnts soll so in diesem Gebiet ein integriertes System zur Gewinnung von Lithium, erneuerbarer Wärme und Strom entstehen.
Der geplante geothermische Verbund soll es ermöglichen, die heiße Thermalsole aus dem Oberrheingraben zur klimaneutralen Gewinnung von Lithium zu nutzen und sie zugleich zur Gewinnung von erneuerbarer Energie zu verwenden. Die Erdwärme der Sole wird dabei über Wärmetauscher auf einen geschlossenen industriellen Wasserkreislauf übertragen. Dieser sekundäre Kreislauf kann sowohl für die regionale Fernwärmeversorgung als auch zur Erzeugung von Strom mittels ORC-Anlagen genutzt werden. Das abgekühlte Thermalwasser des Primärkreislaufs wird dagegen zunächst in eine Anlage geleitet, die das in ihm enthaltene Lithium extrahiert, bevor es in das geothermische Reservoir zurückgepumpt wird und sich dort erneut erwärmt. Das extrahierte Lithiumchlorid wird anschließend zu einer Zentralen Lithiumanlage (CLP) im Industriepark Höchst in Frankfurt-Höchst transportiert und dort zu batteriefertigem Lithiumhydroxidmonohydrat (LHM) weiterverarbeitet.
Die Vulcan Energie Ressourcen GmbH, wie die hundertprozentige Tochter der australischen Muttergesellschaft Vulcan Energy Resources Limited heißt, wurde im März 2022 in Karlsruhe ins Handelsregister eingetragen. Ende 2022 erwarb sie von der Pfalzwerke-Tochter geofuture GmbH für 31,5 Millionen Euro das Geothermie-Kraftwerk Insheim, das daraufhin unter dem neuen Namen "Natürlich Insheim GmbH" seinen Sitz von Landau nach Karlsruhe verlegte. Schon damals begründete der neue Eigentümer den Erwerb mit der Absicht, das von der Anlage geförderte Thermalwasser hauptsächlich zur Gewinnung von Lithium nutzen zu wollen (211206). Parallel dazu erzeugt das Geothermie-Kraftwerk mit einer mittleren elektrischen Leistung von rund 4,3 Megawatt aber auch weiterhin Strom.
Im September 2024 übernahm Vulcan dann auch noch das Geothermiekraftwerk Landau, das sechs Jahre nach seiner Inbetriebnahme (071111) im März 2014 abgeschaltet worden war, weil in der Umgebung des Kraftwerks Geländeerhöhungen und Risse auftraten, die zu Schäden an Straßen, Wegen, Gleisen und Leitungen führten (090912, 111214, 120412, 130814, 140316). Ab 2018 war die Anlage nur noch mit verminderter Leistung in Betrieb und wurde 2023 wegen einer defekten Leitung erneut stillgelegt.
Auch in Landau erfolgte der Kauf mit der Absicht, die vorhandene geothermische Technik zur Förderung von lithiumhaltigem Wasser zu verwenden. Zusätzlich kündigte Vulcan an, die Förderbohrung so zu überarbeiten, dass die Fernwärmeversorgung der Stadt Landau mit dem Thermalwasser unterstützt werden kann, bevor es nach Herausfilterung des Lithiums wieder in den Untergrund verpresst wird. Vorerst werden nur etwa zwei Megawatt an Fernwärme eingespeist. Im Rahmen des Projekts "Lionheart" soll diese Leistung aber schrittweise bis auf 300 MW erweitert werden. Eine Wiederaufnahme der Stromerzeugung ist dagegen in Landau nicht beabsichtigt.
Im Juni 2025 unterzeichneten die Vulcan-Tochter Natürlich Südpfalz GmbH & Co. KG und der Energieversorger EnergieSüdwest AG (ESW) unter Mitwirkung der Stadtverwaltung Landau einen langfristigen Wärmeliefervertrag. Darin verpflichtet sich Vulcan, der ESW über einen Zeitraum von 35 Jahren erneuerbare Erdwärme aus verschiedenen geothermischen Produktionsstandorten bereitzustellen. Bei der ESW handelt es sich um die ehemaligen Stadtwerke Landau, an denen die Stadt seit 1999 nur noch mit 49 Prozent beteiligt ist. Die Mehrheit übernahm zunächst die Berliner Bewag (990511, 050410). Deren Nachfolger Vattenfall hat sie dann an den Luxemburger Enovos-Konzern bzw. die Encevo Deutschland GmbH verkauft.
Das Projekt wird mit 150 Millionen Euro aus dem "Rohstofffonds" unterstützt, mit dem sich die bundeseigene KfW-Bank seit Oktober 2024 an solchen Vorhaben beteiligen kann, die einen Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Rohstoffen leisten. Es handelt sich um die erste Vergabe von Mitteln aus diesem Fonds. Außerdem fördert das Bundeswirtschaftsministerium den geothermischen Teil des Projekts mit 100 Millionen Euro. Weitere 104 Millionen Euro werden von der Bundesregierung sowie den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen für den Aufbau der kommerziellen Lithiumanlagen bereitgestellt.
zur bisherigen Entwicklung des Landauer Geothermie-Komplexes: