März 2024

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ENERGIE-CHRONIK


EU füllt Putins Kriegskasse mit Gas-Importen aus Russland

Während in Deutschland und anderen EU-Staaten darüber diskutiert wird, wie weit man mit der militärischen Unterstützung für den Abwehrkampf der Ukraine gegen die russischen Aggressoren gehen soll, bleiben die wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Schwächung des Putin-Regimes noch immer weitgehend ungenutzt. Darauf machte das ARD-Fernsehmagazin "Monitor" am 7. März aufmerksam. Denn trotz der 13 Sanktionspakete, die bisher von den EU-Mitgliedsstaaten beschlossen wurden, gelangen noch immer große Mengen an russischem Erdgas mit LNG-Tankern oder über Pipelines nach Europa, mit deren Erlösen der Kreml seinen Krieg gegen die Ukraine finanzieren kann.

Eine Flotte von 15 LNG-Tankern pendelt zwischen dem Nordpolarmeer und Belgien


Während die Luxuxjacht des Putin-Freunds Timtschenko in Italien beschlagnahmt wurde, pendelt seine LNG-Tankerflotte unbehelligt zwischen dem Nordpolarmeer und Belgien, was dem Kreml monatlich mindestens eine Milliarde Euro einbringt.
Karte: Monitor

Wie der "Monitor"-Moderator Georg Restle feststellte, lassen diese Sanktionspakete "nicht nur jede Menge Schlupflöcher offen, sondern gleich riesige Scheunentore, durch die selbst solche Mammutfrachter mühelos hindurchpassen". Er meinte damit die LNG-Tankerflotte, die der Oligarch Gennadi Timtschenko betreibt, der einer der reichsten Männer Russlands und Mitglied der Putin-Clique ist, sowie die noch in Betrieb befindlichen Gaspipelines durch die Ukraine und das Schwarze Meer (siehe Karte).

Es hat deshalb nur fragwürdigen Symbolwert, wenn aufgrund der EU-Sanktionen die Luxusjacht des Oligarchen Timtschenko von der italienischen Polizei beschlagnahmt wurde und seit 4. März 2022 im Hafen von San Remo an der Kette liegt. Denn gleichzeitig pendeln die Timtschenko gehörenden LNG-Tanker problemlos zwischen der russischen Erdgas-Verflüssigungsanlage Yamal LNG jenseits des Polarkreises und dem belgischen Hafen Zeebrügge, um dort ihre Fracht in das europäische Verteilnetz einzuspeisen. Die 15 Tanker sind als Eisbrecher konzipiert und bringen Putin bei jeder Fahrt nach Europa mindestens 30 Millionen Euro ein. Monatlich ergibt das mindestens eine Milliarde Euro, mit der er seinen Krieg gegen die Ukraine weiter finanzieren kann. In Belgien decken die Tanker so 11 Prozent des Gasverbrauchs, in Frankreich 13 Prozent, in Spanien 25 Prozent und in Deutschland 4 Prozent.

Der Import von Pipeline-Gas ist zwar um 80 Prozent gesunken, vor allem wegen des Ausfalls der Nord-Stream-Pipeline. Aber die LNG-Lieferungen sind nach Kriegsbeginn deutlich gestiegen Deshalb stammen noch immer 15 Prozent des EU-Gasverbrauchs aus Russland. Und LNG ist für den Kreml mit geschätzten12 Milliarden Euro pro Jahr inzwischen fast so wichtig wie die verbliebenen Einnahmen aus dem Pipelinegeschäft. Wie Putin erklärte, soll sich die LNG-Produktion in der russischen Arktis bis 2030 verdreifachen.

Auch das Bundeswirtschaftsministerium will keine strengeren Sanktionen

Die EU konnte sich bisher aber nicht auf einen Importstopp einigen. So beruft sich Spanien auf bestehende LNG-Verträge. Ungarns Präsident Orban schloss vor einem Jahr sogar einen neuen Gasliefervertrag mit dem Kreml. Auch das Bundeswirtschaftsministerium lehnt Sanktionen gegen die fortdauernden Gasimporte aus Russland ab: Andernfalls seien "gravierende Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit der Europäischen Union" zu befürchten, wie es am am 5. März auf Nachfrage des Fernsehmagazins wissen ließ.

Branchenexperten sind dagegen der Ansicht, dass man auf russisches Gas durchaus verzichten könnte. Der EU-Hafen Zeebrugge dient außerdem als Umschlagplatz für russisches Gas für China und andere Länder außerhalb der EU. Ohne die EU würde also der russische LNG-Export einbrechen. Prof. Ulrike Malmendier vom Sachverständigenrat Wirtschaft der Bundesregierung erklärte in der Sendung: "Ich würde mir sehr wünschen, dass die EU sich gemeinschaftlich darauf einigt, den Import von russischem Gas zu stoppen". Man solle nichts unversucht lassen, was an wirtschaftlichen Instrumenten zur Verfügung steht. Sonst blieben als Alternative nur die rein militärischen Mittel.

 

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