Oktober 2021

211013

ENERGIE-CHRONIK


Als Grundversorger gilt der Platzhirsch in einem Konzessionsgebiet

Nach § 36 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes gilt als "Grundversorger" jener Strom- oder Gasvertrieb, der "die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung beliefert". Das Bundesverwaltungsgericht hat nun klargestellt, dass dabei mit dem Netzgebiet nicht das gesamte Strom- oder Gasnetz einer Gemeinde gemeint ist, sofern mehrere Konzessionen für Teile des Netzgebiets vergeben wurden. Im vorliegenden Fall ging es um die baden-württembergische Stadt Crailsheim, die mit ihren Stadtwerken gleich drei Konzessionsverträge für jeweils unterschiedliche Teile des kommunalen Stromnetzes abgeschlossen hat, woraus die Stadtwerke fälschlicherweise den Anspruch ableiteten, in allen drei Teilen des Netzgebiets der Grundversorger zu sein.

Stadt Crailsheim hatte zwei ländliche Netzgebiete eingemeindet, aber separate Konzessionen vergeben

Das dem keineswegs so ist, hatte bereits das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Urteil vom 20. November 2020 festgestellt. Als Kläger traten dort die Stadtwerke Crailsheim auf, die dem Stuttgarter Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mitgeteilt hatten, dass sie zum 1. Juli 2018 – das war der Stichtag für die alle drei Jahre fällige Ermittlung der Grundversorger – insgesamt 14.373 von 18.968 Haushaltskunden mit Strom versorgt hätten und damit im gesamten Netzgebiet der Grundversorger seien. Das rief nun freilich die Energie Baden-Württemberg auf den Plan, die aus historischen Gründen in den beiden ländlichen Netzgebieten, die erst später von Crailsheim eingemeindet wurden, über zwei Tochtergesellschaften noch immer der Platzhirsch unter den Stromlieferanten ist. Die eine ist die EnBW Ostwürttemberg Donau-Ries AG (990725), die im größeren Konzessionsgebiet 1.841 von 3.757 Haushaltskunden belieferte, die andere die Hohenloher Energie Versorgung GmbH (HEV), die im kleineren über 163 von 263 Abnehmern verfügte.

Ob das Netzgebiet "galvanisch zusammenhängt" interessiert juristisch nicht

Aufgrund des Einspruch der EnBW verfügte das Umweltministerium im Februar 2019, dass die Stadtwerke Crailsheim nur in der Kernstadt der Grundversorger sind und ihre anderslautende Bekanntmachung zu ändern haben. Das sah auch das Verwaltungsgericht Stuttgart so, als die Stadtwerke noch immer auf ihrem Standpunkt beharrten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles ließ es aber sowohl die Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim als auch die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. Die Stadtwerke wählten den kürzesten Weg und bekamen deshalb nun höchstinstanzlich bescheinigt, dass die Eigenschaft des Grundversorgers sich nicht auf "ein galvanisch zusammenhängendes Gebiet in Zuständigkeit des gleichen Netzbetreibers" bezieht, wie sie argumentiert hatten, sondern einfach auf die Anzahl der Kunden in einem bestimmten Konzessionsgebiet – auch wenn dieses so klein ist wie jenes Crailsheimer Konzessionsgebiet, in dem die HEV die Mehrheit von 263 Haushaltskunden beliefert. (BVerwG 8 C 2.21)

 

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