Oktober 2021

211007

ENERGIE-CHRONIK


EU verschiebt Entscheidung über Nachhaltigkeit von Atomreaktoren

Im Streit um die geplante "Taxonomie" für umweltfreundliche Investments wird die EU ihre Entscheidung über die Aufnahme von Kernkraftwerken in diesen Kriterienkatalog verschieben, möglicherweise sogar bis ins nächste Jahr. Dies ergibt sich aus Äußerungen der für Finanzdienstleistungen zuständigen EU-Kommissarin Mairead McGuinness gegenüber der Financial Times (20.10.). "Je näher das Jahresende rückt, desto größer wird der Druck, hier eine Lösung zu finden", sagte McGuinness. "Wir haben keine fertige Lösung, denn dies ist sowohl technisch als auch politisch eines jener Themen, bei denen die Meinungen sehr geteilt sind." Es sei zwar immer noch das Ziel, die Regeln bis zum Ende des Jahres vorzuschlagen. "Aber wer weiß, wie es weitergeht", fügte sie mit Blick auf die noch nicht abgeschlossene Regierungsbildung in Deutschland und die im April in Frankreich anstehenden Wahlen hinzu.

Frankreich und Deutschland vertreten in dieser Frage konträre Posititionen

In einer von Frankreich initiierten Erklärung, die der EU-Kommission Mitte Oktober zuging, halten es zehn Mitgliedsstaaten für"absolut notwendig, dass die Kernenergie in den Taxonomierahmen aufgenommen wird". Die Mitunterzeichner sind Bulgarien, Finnland, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Mit Ausnahme von Polen und Kroatien verfügen sie selber über Kernkraftwerke.

Demgegenüber lehnen vor allem Deutschland und Österreich die gewünschte Einstufung der Kernenergie als nachhaltiges Instrument des Klimaschutzes ab. Ferner Dänemark, Luxemburg und Spanien. "Für die Glaubwürdigkeit dieses Instruments ist es wichtig, dass offensichtlich nicht nachhaltige Projekte wie Atomkraftwerke ausgeschlossen werden", erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) schon im April dieses Jahres. Die österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) übersandte der EU-Kommission ein Rechtsgutachten, wonach die Kernenergie nicht den Anforderungen an eine nachhaltige Investition entspricht. "In letzter Konsequenz bin ich hier auch bereit eine Klage einzubringen, denn diese Pläne wären nicht rechtskonform", kündigte sie an. "Es kann nicht sein, dass die Zukunft unserer Kinder den Interessen der Atomlobby geopfert wird."

Als möglichen Kompromiss nannte die irische EU-Kommissarin McGuinness die Schaffung eines "gelben" Labels für solche Investments, die nicht mit dem grünen Label ausgezeichnet werden, aber doch "den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft ermöglichen" würden.

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