April 2020

200410

ENERGIE-CHRONIK


Zeitraum für Umstellung von L-Gas auf H-Gas wird wegen Corona-Krise ausgeweitet

Der bisher vorgesehene Zeitraum für die Umstellung von Haushalten und Industriekunden von L-Gas auf H-Gas wird ausgeweitet, weil die erforderlichen Arbeiten aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen Einschränkungen des täglichen Lebens immer schwieriger durchzuführen sind. Dies kündigte die Bundesnetzagentur am 1. April an. Eine zunehmende Anzahl von Monteuren habe keinen Zugang mehr zu den anzupassenden Gasgeräten. Auch sei ein deutlich erhöhter Krankenstand bei den Unternehmen zu verzeichnen.

Die sogenannte Marktraumumstellung von niederkalorischem Gas (L-Gas) auf hochkalorisches Gas (H-Gas) läuft seit 2014. Sie betrifft rund 4,3 Millionen Haushalte sowie zahlreiche Industriebetriebe in den Bundesländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Die Umstellung soll etappenweise bis 2030 abgeschlossen werden (siehe Karten).

Bis 2019 wurden rund 500.000 Gasgeräte angepasst

L-Gas stammt aus niederländischer oder inländischer Förderung. Dieses "low calorific gas" hat einen Methangehalt von 80 bis 87 Prozent. Der Brennwert ist deshalb geringer als beim H-Gas (high calorific gas), das einen Methangehalt von 87 bis 99 Prozent aufweist und in der Regel aus aus Rußland oder Norwegen stammt. Für die Umstellung auf H-Gas aus anderen Bezugsquellen müssen in Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben Gasgeräte an die veränderte Gasqualität angepasst werden. In den vergangenen Jahren wurden bereits rund 500.000 Gasgeräte angepasst. Für dieses Jahr waren etwa 400.000 Anpassungen vorgesehen. Dieses Ziel dürfte nun aber kaum mehr zu erreichen sein, und auch in den folgenden Jahren könnte es noch zu Verschiebungen kommen.

Erdbeben beschleunigen Ende der niederländischen Gasförderung

Mit dem L-Gas begann vor einem halben Jahrhundert der Siegeszug des Erdgases, das bis Ende der siebziger Jahre das bis dahin übliche Stadtgas bzw. Kokereigas verdrängte. Infolge der jahrzehntelangen Ausbeutung gaben die Lagerstätten aber immer weniger her, weshalb das Ende der Förderung schon seit längerem absehbar war. Hinzu ergab sich neuerdings eine zusätzliche Verknappung durch die Förderbeschränkungen, welche die Niederlande aufgrund der Erdbeben verfügten, die in der Provinz Groningen auftraten und erhebliche Schäden verursachten (150605, 160801, 180207, 190513).

Gasunie baut Anlage für synthetisches L-Gas

Um weitere Erdbeben-Schäden zu vermeiden, beschlossen die Niederlande vor zwei Jahren, die Erdgas-Förderung in der Provinz Groningen bis 2030 ganz zu beenden (180403). Inzwischen soll es noch schneller gehen. Im März begann die niederländische Gasunie in Zuidbroek östlich von Groningen mit dem Bau einer Anlage, die laufende Lieferverpflichtungen durch synthetisch hergestelltes L-Gas erfüllen kann. Sie entnimmt Stickstoff aus der Luft und mischt ihn mit hochkalorischem Gas aus dem Ausland. Dadurch entsteht Gas mit dem demselben Brennwert wie das Groninger L-Gas, das sich für den Einsatz in Privathaushalten und Unternehmen eignet. Wenn die Anlage Mitte 2022 in Betrieb genommen wird, ermöglicht sie so eine Reduzierung der Groninger Gasförderung um rund 7 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

 

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