Februar 2018

180208

ENERGIE-CHRONIK


Gazprom tauscht Wingas-Spitze aus

Zwei Jahre nach der Übernahme sämtlicher Anteile an der Wingas GmbH hat die russische Gazprom die Führungsspitze des Unternehmens komplett ausgetauscht. In einer Mitteilung, die nur aus zwei Sätzen bestand, gab Wingas am 8. Februar die Abberufung der bisherigen drei Geschäftsführer Dmitry Kotulskiy, Ludwig Möhring und Vitaly Vasiliev bekannt. Zu neuen Geschäftsführern seien ab dem folgenden Tag Lavrenty Pilyagin und Slawa Margulis bestellt worden.

Im Bereich von Gazprom Germania braut sich einiges zusammen

Die Neubesetzung kam anscheinend auch für die bisherigen Geschäftsführer aus heiterem Himmel. Sie geht einher mit strukturellen Veränderungen und Personalabbau, die sowohl die Gazprom Germania in Berlin als auch deren Tochter Wingas in Kassel betreffen. "Fast alle Gesprächspartner äußerten sich überrascht und beklagten, dass das Unternehmen seine Strategie nicht erkläre", hieß es in einem Bericht der FAZ (20.2.), die sich in Kreisen der Betroffenen umgehört hatte. "Langjährige Gesprächspartner sind irritiert, dass der einst gute Gesprächsfaden gerissen sei."

Moskau will "integrierten Geschäftsbereich" für den Export

Am 12. Februar gab die Gazprom in Moskau bekannt, dass sie die "operative Struktur für ihre Exporttätigkeit, einschließlich Marketing und Handel" neu organisieren wolle. Die Bildung des neuen "integrierten Geschäftsbereichs" werden im Laufe von zwei Jahren etappenweise erfolgen. In der ersten Phase werde die zur Gazprom Germania gehörende Firmengruppe zusammengeschlossen und optimiert. In der zweiten Phase werde das operative Geschäft der umstrukturierten Gazprom Germania mit dem der Gazprom Export vereinigt.

In Berlin sind schon hundert Arbeitsplätze entfallen

Die in Berlin ansässige Gazprom Germania hat ihre Belegschaft schon im vorigen Jahr um hundert auf knapp 150 Köpfe verringert. Nun müssen auch viele der 550 Wingas-Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz bangen. Die meisten von ihnen sind in Kassel tätig, wo die Wingas erst im September 2015 ein eigenes Gebäude bezogen hat. Zuvor waren die Mitarbeiter größtenteils bei der Kasseler Firmenzentrale der Wintershall untergebracht.

Ukraine-Krise verhinderte zunächst Überlassung der Wingas

Die Wingas wurde 1993 von der BASF-Tochter Wintershall und Gazprom als Gemeinschaftsunternehmen für den Handel und Vertrieb von russischem Erdgas gegründet. Im November 2012 vereinbarten beide Seiten ein Tauschgeschäft, bei dem die Wintershall ihre jeweils hälftige Beteiligung an den Gashandels- und Vertriebstöchtern Wingas, WIEH und WIEE der Gazprom übertrug und dafür eine Beteiligung am westsibirischen Erdgasfeld Juschno Russkoje bekam (121101). Ursprünglich sollte der Tausch schon Ende 2013 abgeschlossen sein. Da aber zunächst die Genehmigung der EU-Kommission abgewartet werden mußte, konnte der abschließende Vertrag erst am 23. Dezember 2013 unterschrieben werden. Der Vollzug der Transaktion wurde daraufhin für Mitte 2014 angekündigt und sollte mit wirtschaftlicher Rückwirkung zum 1. April 2013 erfolgen (131206). Als kurz darauf der russische Angriff auf die Ukraine einen politischen Temperatursturz auslöste (140401), wurde als neuer Termin Herbst 2014 genannt. Der BASF-Vorstandsvorsitzende Bock behauptete damals, daß die Verzögerung keine politischen Gründe habe, sondern auf den "komplexen juristischen Entflechtungsprozeß" zurückzuführen sei (140706). Wenig später gaben BASF und Gazprom ihren Verzicht auf das Tauschgeschäft bekannt. Als Grund nannten sie das "aktuell schwierige politische Umfeld" (141202).

Im September 2015 kam das Tauschgeschäft doch noch zustande

Im September 2015 beschlossen beide Seiten dann aber doch noch den Vollzug der Transaktion zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen (150904). Anscheinend hielt man das nun für politisch unbedenklich. Die Unterzeichnung des Tauschvertrags erfolgte demonstrativ anläßlich der Gründung eines Konsortiums, mit dem Gazprom die westlichen Energiekonzerne BASF/Wintershall, E.ON, OMV, Shell und Engie als Miteigentümer in das Projekt der zweiten Gaspipeline durch die Ostsee einbinden wollte (150905).

 

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