 
Drei Care-Energy-Firmen haben Insolvenz angemeldet
Am 17. Februar haben gleich drei Unternehmen der Care-Energy-Gruppe
ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt. Die Insolvenzanmeldung erfolgte vier
Wochen nach dem plötzlichen Tod des Firmengründers Martin Richard
Kristek, der am 21. Januar einem Herzinfarkt erlegen ist (170109). Die Nachfolger hatten zunächst
verkündet, daß das dubiose Firmengeflecht weiterhin "voll
handlungsfähig" sei und seine Geschäftstätigkeit "im Sinne Kristeks
fortsetzen" werde. Offenbar dämmerte ihnen dann aber, daß die mehr als
zweihundert Strafanzeigen wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs, die
bei der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen Kristek eingegangen waren,
sich nunmehr gegen sie richten würden. Jedenfalls behaupten sie nun,
von der tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit der Unternehmen nichts gewußt
zu haben. Da Kristek der alleinige Geschäftsführer gewesen sei, hätten
sie zuvor keine Gelegenheit gehabt, sich ein zutreffendes Bild von der
Finanzlage zu machen.
Sonderlich überzeugend klingt das allerdings nicht. Schließlich waren es die 
  engsten Vertrauten Kristeks, die nach dessen Tod die Leitung der drei Firmen 
  übernahmen, die jetzt offiziell ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt haben. Im einzelnen 
  handelt es sich um folgende Konstrukte: 
  - Care-Energy AG: Unter dieser Firma, die
zunächst EnUp AG hieß, hat sich Kristek im Juli 2015 bei der
Bundesnetzagentur in der Liste der Stromversorger registrieren lassen,
nachdem er mit der bauernschlauen Behauptung, er sei ein
"Energiedienstleister" und deshalb zur Anmeldung als Stromanbieter
nicht verpflichtet, nicht durchgekommen war und ein Bußgeld von 400.000
Euro zahlen mußte (141207). Über diese Firma
führte er seitdem auch die EEG-Umlage ab, deren Zahlung er zuvor
verweigert hatte. Angeblich handelte es sich aber um ein Unternehmen,
das ihm selber nicht gehörte. Erst Ende Juni vorigen Jahres gab er
plötzlich bekannt, daß er es "mit sofortiger Wirkung als Hauptaktionär
übernommen" habe. Offenbar hatte das mit dem Aufsichtsverfahren zu tun,
das die Bundesnetzagentur zur selben Zeit gegen die Care-Energy AG
einleitete (160602). Zugleich verlor die Firma
den größten Teil ihrer Kunden, weil sie ihren Zahlungsverpflichtungen
gegenüber den Netzbetreibern 50Hertz und TenneT nicht nachgekommen war (160701). Nach Kristeks Tod übernahm dessen
Vertrauter Frank Timo Mario Heinemann die Rolle des Geschäftsführers. 
  - Care Energy Holding GmbH: In diesem Konstrukt bündelte 
    Kristek mehrere andere Handelsregister-Eintragungen wie die Pseudo-Netzgesellschaft 
    "mk-grid Ihr Netzbetrieb GmbH & Co. KG", die später in "Care-Energy Netzbetriebs- 
    und Infrastruktur GmbH & Co. KG" umbenannt wurde. Vor allem gehörte dazu 
    die "Care-Energy Energiedienstleistungs GmbH & Co. KG", die im November 
    2015 vom Landgericht Hamburg zur Rückzahlung von 85,5 Millionen Euro EEG-Schulden 
    plus Zinsen verurteilt wurde (150210). Kristek reagierte 
    auf das vorläufig vollstreckbare Urteil, indem er diese Firma, die er inzwischen 
    in "Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatung Verwaltungs GmbH" umbenannt 
    hatte, mitsamt der erdrückenden Schuldenlast an einen ominösen tschechischen 
    Erwerber verkaufte, der offenbar auf "Firmenbestattungen" spezialisiert ist 
    (160902). Nach seinem Tod übernahm ein Vertrauter namens 
    Abdelmajid Tareq die Leitung der Care Energy Holding GmbH und bald darauf 
    deren Insolvenzanmeldung. 
 
 Die "Expertos" steht dagegen bis heute ohne Insolvenzeintrag im Handelsregister, 
    obwohl ihre Schulden millionenfach höher sein dürften als die Zahlungsfähigkeit. 
    Vermutlich liegt das an der fortdauernden rechtlichen Auseinandersetzung mit 
    den vier Übertragungsnetzbetreibern, die noch immer wenigstens einen Teil 
    der rund hundert Millionen Euro an EEG-Umlage zurückzuholen versuchen, die 
    Kristek nicht abgeführt hat. Der daraus resultierende Schaden trifft sie zwar 
    nicht selber, muß aber über eine entsprechende Erhöhung der EEG-Umlage von 
    den Stromverbrauchern getragen werden. Deshalb ist diese Affäre für die Netzbetreiber 
    höchst blamabel und peinlich.
  - 
    Care-Energy Management GmbH: Dieses Konstrukt diente Kristek 
      unter anderem dazu, um sich im Juni 2016 überraschend als "Hauptaktionär" 
      der Care-Energy AG zu präsentieren, die ihm bis dahin angeblich nicht gehört 
      hatte. Die Insolvenzanmeldung besorgte hier der "Notgeschäftsführer" Marc-Andreas 
      Rüdiger März, der Kristek als Unternehmenssprecher gedient hatte. Zuvor 
      war März als Sprecher des Hamburger Rechtspopulisten Ronald Schill 
      in Erscheinung getreten.  
Bemerkenswert ist, daß die Insolvenzanmeldung für alle drei Firmen-Konstrukte 
  beim Amtsgericht Bremen erfolgte, obwohl sie im Hamburger Handelsregister eingetragen 
  sind. An den Ermittlungsverfahren, welche die Hamburger Staatsanwaltschaft eingeleitet 
  hat, ändert das freilich nichts. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde in 
  allen Fällen der Bremer Rechtsanwalt Jan H. Wilhelm bestellt. In einer ersten 
  Stellungnahme sah dieser sein Ziel darin, "nach Möglichkeit einen Geschäftsbetrieb 
  im Energiebereich auf Basis der Zusammenarbeit der drei Unternehmen fortzusetzen". 
  Es gehe darum, die drei Unternehmen "zu restrukturieren und zu sanieren". Angeblich 
  verfügt Care-Energy noch immer über rund 12.500 Stromkunden und 2.000 
  Gaskunden in Deutschland sowie über 12.900 Kunden in Österreich. Laut 
  der Wiener Zeitung "Kurier" (21.2.) ist die Regulierungsbehörde 
  E-Control allerdings bereits dabei, Care-Energy die Genehmigung zum Stromvertrieb 
  in Österreich entziehen. 
Die Aufsichtsverfahren, welche die Bundesnetzagentur vor acht Monaten gegen 
  Care-Energy einleitete (160602), haben bisher keine greifbaren Ergebnisse gebracht. 
  Auf Nachfrage erklärte die Behörde: "Die Unternehmen wurden unter 
  Fristsetzung und Androhung eines Zwangsgeldes von jeweils 1 Million Euro zur 
  Auskunft zu Fragen der Zuverlässigkeit der Geschäftsleitung, der Leistungsfähigkeit, 
  den Altkundenverträgen und dem Verhältnis zwischen der Care-Energy 
  AG und der Expertos aufgefordert. Die Stellungnahmen der beiden Unternehmen 
  werden derzeit geprüft, die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Die 
  Bundesnetzagentur wird sorgfältig prüfen, ob und gegebenenfalls welche 
  Implikationen die Insolvenzverfahren auf die Aufsichtsverfahren der Bundesnetzagentur 
  gegen die Care-Energy AG und die Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatungs 
  GmbH & Co. KG haben."
 
Links (intern)
  -  Die meisten Beschwerden bei der Schlichtungsstelle Energie betrafen Care-Energy 
    (170203)
- Chef des dubiosen Energieanbieters Care-Energy erlag Herzinfarkt (170109)
- Care-Energy läßt enttäuschte Kunden wegen Kritik verfolgen (161013) 
- Der dubiose Energieanbieter Care-Energy hat 90 Millionen Euro EEG-Schulden 
    "verkauft" (160902)
- Zigtausende von Care-Energy-Kunden fallen in die Ersatzversorgung (160701)
- Bundesnetzagentur geht endlich gegen Care-Energy vor (160602)
- Care-Energy hat noch immer nicht gezahlt (160506)
- Care-Energy schuldet jetzt 85 Millionen Euro EEG-Umlage (160309)
- Care-Energy kann sich der Anmeldung als Stromanbieter nicht länger entziehen 
    (150715)
- Österreichs Regulierungsbehörde warnt vor Care-Energy (150315)
- Care-Energy hat 100 Millionen Euro EEG-Umlage nicht abgeführt (150210)
- Gratis-Strom für überteuerte Einkäufe (150116)
- Care-Energy muß Bußgeld von 400.000 Euro zahlen (141207)
- "Care-Energy" hat Bußgeldbescheid nun doch bezahlt (141014)
- Care-Energy konnte Nachzahlung der EEG-Umlage bisher vermeiden (140909)
- Care-Energy muß sieben Millionen Euro EEG-Umlage nachzahlen (131105)
- Bei Care-Energy kommen die Einschläge näher (130806)
- Care-Energy muß 40.000 Euro Bußgeld zahlen (130615)
- Das bizarre Geschäftsmodell von "Care-Energy" gerät unter schweren Beschuß 
    (130501)
    - Hintergrund:  Post vom Oberlandesgericht – 
      Wie Care-Energy die ENERGIE-CHRONIK mundtot zu machen versuchte (Juli 2016)
- Hintergrund:  "Nutzenergie" – 
      ein nützlicher Begriff wird für Kundenfang mißbraucht (Mai 
      2013)