November 2014

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ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall will sich von Braunkohle trennen

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall will sein Braunkohle-Geschäft in Deutschland verkaufen. Wie er am 30. Oktober mitteilte, untersucht er "strategische Optionen für seine Aktivitäten im Tagebau und in der Braunkohleverstromung". Die anderen Geschäftsbereiche in Deutschland – Fernwärme, Vertrieb und Verteilnetze sowie Handel, Windkraft und weitere Energieerzeugung – sollen jedoch vollauf beibehalten werden.

Wörtlich erklärte der Vorstandsvorsitzende und Präsident des Verwaltungsrats von Vattenfall AB, Magnus Hall:

"Unsere Strategie sieht klar eine Reduzierung unserer Kohlendioxidexponierung und eine Umstellung unseres Erzeugungsportfolios auf erneuerbare Energien vor. Der Verwaltungsrat hat entschieden, dass Vattenfall Optionen für eine nachhaltige und neue Eigentümerstruktur seines Braunkohlegeschäfts prüfen wird. Wir verstehen die gegenwärtige und künftige Bedeutung der Stromerzeugung aus Braunkohle für die regionale Wirtschaft und für Deutschlands Energiepolitik. Die Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen sind wichtige Ansprechpartner für Vattenfall in der Lausitz und wir setzen auch weiterhin auf den engen Dialog."

Brandenburg hat eben erst die Erweiterung des Braunkohle-Abbaues in der Lausitz genehmigt

Die Ankündigung des neuen Vattenfall-Chefs erfolgte nur vier Monate nach der Genehmigung der umstrittenen Erweiterung des Tagebaues Welzow-Süd durch das Land Brandenburg (140809). Die deutsche Vattenfall-Tochter hatte dies verlangt, weil nur so die Brennstoffversorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe bis zum Ende der voraussichtlichen Laufzeit im Jahr 2042 gesichert werden könne (130903). Außerdem hat sie die Erweiterung der Tagebaue Jänschwalde-Nord und Nochte beantragt, wogegen im August eine deutsch-polnische Menschenkette demonstrierte (140809). Bereits im April warfen die Grünen der Brandenburger Landesregierung vor, daß sie mit der Genehmigung dieser Erweiterungen ohne Not den Wert steigere, den Vattenfall bei einem Verkauf des Braukohlengeschäfts erzielen könne (140414).

Der schwedische Staatskonzern folgt Vorgaben der neuen rot-grünen Regierung

Die strategische Neuorientierung des schwedischen Staatskonzerns und die Neubesetzung seiner Führungsspitze ist auf den Regierungswechsel in Stockholm zurückzuführen, wo Anfang Oktober die konservative Regierung von einem rot-grünen Kabinett abgelöst wurde. In seiner Regierungserklärung verkündete der neue Ministerpräsident Stefan Löfven das Ziel einer hundertprozentigen Umstellung der schwedischen Energieversorgung auf erneuerbare Energien, das auch in der Koalitionsvereinbarung verankert ist. Zur Braunkohle enthält das Koalitionspapier keine Aussage. In einer Pressemitteilung der schwedischen Sozialdemokraten hieß es aber, daß Vattenfall "die Expansion der Braunkohle" abbrechen werde. Das würde zumindest bedeuten, daß Vattenfall auf eine Erweiterung der deutschen Tagebaue verzichtet. Einen Käufer der Tagebaue und Kraftwerke würde dies freilich nicht binden.

Bereits im August verlinkte der Mutterkonzern auf die Internetseite von deutschen Braunkohle-Gegnern

In einem Rededuell vor dem schwedischen Reichstagswahlen waren sich alle acht großen Parteien des Landes in der Ablehnung eines weiteren Ausbaues der Kohlestromerzeugung in Deutschland einig. Das Umschwenken von Vattenfall zeichnete sich deshalb bereits vor den Wahlen am 14. Oktober ab: Während die deutsche Tochter noch ihre Braunkohle-Kampagne betrieb, veröffentlichte der Mutterkonzern am 22. August eine Pressemitteilung über den Protest von Umweltorganisationen gegen die Erweiterung der Tagebaue in der Lausitz. Der Bericht war sogar mit einem Link zur Internetseite des Protestbündnisses "Bürger für die Lausitz – Klinger Runde" versehen...

Als Käufer kommen am ehesten die Eigentümer der Mibrag in Frage

Der Kreis der möglichen Käufer, die über genug Interesse und Kapital für die Übernahme des Braunkohlegeschäfts von Vattenfall verfügen, ist äußerst klein. Deutschlands größter Braunkohleförderer RWE hat bereits abgewunken, da er nicht daran interessiert sein kann, die bereits bestehende Kohle-Lastigkeit seiner Stromerzeugung noch zu verstärken. Der E.ON-Konzern hat auch keine Ambitionen, die ihm noch verbliebene Beteiligung am Kraftwerk Schkopau um neue Braunkohle-Aktivitäten zu ergänzen. Aussichtsreichster Anwärter für die Vattenfall-Nachfolge ist deshalb der tschechische Energiekonzern EP Energy, dem seit 2009 der drittgrößte deutsche Braunkohleförderer Mibrag gehört (090713) und der erst vor kurzem von E.ON auch das Helmstedter Braunkohle-Revier mit dem Kraftwerk Buschhaus übernommen hat (130907). Er hat auch bereits ein Angebot von Vattenfall vorliegen und läßt es derzeit von seiner Tochter Mibrag prüfen.

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