August 2014

140802

ENERGIE-CHRONIK


Putin will auch den Osten der Ukraine annektieren

Ende August wurde klar, daß der russische Präsident Putin nach der Halbinsel Krim (140304) auch den Osten der Ukraine annektieren will. Noch während er am 26. August in der weißrussischen Hauptstadt Minsk mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko verhandelte und einem Friedensplan zuzustimmen schien, kam aus der Ukraine die Nachricht von der Gefangennahme russischer Soldaten. In den folgenden Tagen drangen immer mehr russische Soldaten in den Ostteil des Landes ein, um die dort kämpfenden Separatisten, die zuletzt gegenüber den Regierungstruppen in die Defensive geraten waren, zu verstärken und anzuleiten. Propagandistisch vorbereitet wurde die Militäraktion mit einem Lastwagen-Konvoi, der angeblich die notleidende Bevölkerung des umkämpften Gebiets mit Hilfsgütern versorgen sollte und der eigenmächtig über die Grenze rollte, nachdem die Regierung in Kiew auf einer gründlichen Durchsuchung der Fahrzeuge bestanden hatte. Wie zuvor schon bei der Besetzung der Krim leugnete der Kreml bis zuletzt seine direkte Verantwortung für die Intervention. Zum Beispiel wurde die Gefangennahme russischer Soldaten weitab von der Grenze damit erklärt, daß sich diese verlaufen hätten. Oder es hieß, daß es sich um beurlaubte Soldaten handele, denen man nicht vorschreiben könne, was sie in ihrer Freizeit täten. Die ohne geringe Vertrauenswürdigkeit des Kreml-Chefs Putin ist inzwischen auf Null gesunken.

Wachsende Ungewißheit um russische Gaslieferungen für Westeuropa

Durch die russische Unterstützung der Separatisten sind nun die ukrainischen Truppen in die Defensive geraten und es sieht nicht so aus, als ob die Regierung in Kiew in der Lage wäre, den Ostteil des Landes zu halten. Auf unmittelbaren militärischen Beistand durch den Westen kann die Ukraine nicht hoffen, da sie – im Unterschied zu den früheren Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen – weder der EU noch der NATO angehört. In jedem Falle wird der Westen nun aber den bisher eher laschen wirtschaftlichen Sanktionen gegen Rußland härtere Maßnahmen folgen lassen müssen, um Putin in die Schranken zu verweisen. Die Gasversorgung Westeuropas, die der wichtigste und sensibelste Bereich der Wirtschaftsbeziehungen mit Rußland ist, bleibt damit nicht länger ausgeklammert. Die Regierung in Kiew hat bereits damit gedroht, als Sanktionsmaßnahme gegenüber Rußland den Transit von Gas und Öl nach Westeuropa völlig zu stoppen. Wie sich der damit anbahnende Konflikt konkret entwickelt, werden die kommenden Monate zeigen.

Bundesregierung hat Verkauf der DEA an russische Oligarchen doch genehmigt

Noch kurz vor dem russischen Einmarsch setzte die Bundesregierung weiter auf eine Beschwichtigungspolitik gegenüber Putin und ließ wissen, daß sie den Verkauf der RWE-Tochter DEA an russische Oligarchen (140303) endgültig genehmigt habe. Wegen des Ukraine-Konflikts hatte sie im Juni angekündigt, die nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigungspflichtige Transaktion einer "ergebnisoffenen" Prüfung zu unterziehen (140603). Am 22. August teilte Staatssekretär Stephan Kapferer vom Bundeswirtschaftsministerium mit, daß sich keine Einwände ergäben hätten. Ausschlaggebend sei dabei gewesen, daß die Oligarchen ihren Investmentfonds LetterOne, der als Erwerber auftritt, in Luxemburg und damit in der EU angesiedelt hätten. Außerdem sei durch den Eigentümerwechsel keine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit zu erwarten.

Wie sicher sind die 15 Reaktoren in der Ukraine?

Als Folge der Kämpfe sind die vier ukrainischen KKW-Standorte zu einem besonderen Sicherheitsrisiko geworden. Mit insgesamt 15 Druckwasserreaktoren russischer Bauart decken sie fast die Hälfte des landesweiten Strombedarfs. Die Ukraine bat bereits im März dieses Jahres die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die Frage der nuklearen Sicherheit mit den russischen Behörden zu besprechen. Ferner bat sie die USA, die EU und die NATO um Unterstützung beim Schutz ihrer Atomanlagen. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage hervor, die von den Grünen im Bundestag am 25. Juni gestellt wurde. In ihrer Antwort vom 14. Juli bestätigte die Bundesregierung, daß die NATO im April ein ziviles Expertenteam entsandt hat. Die ukrainischen Behörden hätten um "Unterstützung im Zusammenhang mit Bedenken hinsichtlich der physischen Sicherheit ihrer Nuklearanlagen in der anhaltenden Krisensituation" gebeten. Sie befürchten demnach Anschläge auf die Kernkraftwerke oder das Verschwinden nuklearen Materials.

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