Januar 2011

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ENERGIE-CHRONIK


 

Detailansicht Oberrheintal
Detailansicht Raum München
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Das Geothermische Informationssystem www.geotis.de verzeichnete im Januar 2011 für Deutschland insgesamt 15 geothermische Anlagen zur Erzeugung von Fernwärme, von den fünf zugleich Strom erzeugten. Rund ein Dutzend weiterer Anlagen mit zumeist kombinierter Erzeugung von Fernwärme und Strom befanden sich im Bau.

Stromerzeugende Anlagen sind auf den nebenstehenden Karten durchgängig rot markiert. Bei schwarzen Namen handelt es sich nur um Fernwärme. In den beiden grün markierten Forschungsanlagen wird die sogenannte "Hot-Dry-Rock"-Technik erprobt; in Groß-Schönebeck mit Blick auf Stromerzeugung und in Horstberg zur Gewinnung von Fernwärme.

Die Strom-Projekte Urach und Mauerstetten, die hier noch aufgeführt sind, scheinen inzwischen keine Chancen mehr zu haben.

Geothermische Kraftwerke verlieren an Akzeptanz

Der Bau geothermischer Anlagen zur Erzeugung von Strom und Fernwärme trifft zunehmend auf Ablehnung und Widerstand. In der Vorderpfalz und im Raum München, wo die Schwerpunkte der geplanten Erdwärme-Nutzungen liegen (siehe Karte), haben sich bereits etliche Bürgerinitiativen gebildet. Ihre Kritik entzündet sich vor allem an den Erdbeben, die zuerst von dem Geothermie-Projekt in Basel (061207) und dann auch in Landau (090912) ausgelöst wurden. Erheblich zur Beunruhigung beigetragen haben ferner die schweren Gebäudeschäden, die durch eine unsachgemäß durchgeführte Erdsonden-Bohrung in der südbadischen Stadt Staufen verursacht wurden (090415). Die Mainzer Landesregierung (SPD) hat deshalb einen Vermittler ernannt, der im Gespräch mit Bürgerinitiativen und Erdwärme-Branche die Wogen glätten soll. In Rheinland-Pfalz finden am 27. März Landtagswahlen statt.

Dem Beben der Stärke 2,7, das im August 2009 die Stadt Landau beunruhigte, waren noch mehrere Erschütterungen dieser Art gefolgt. Zuletzt kam es am 12. Dezember 2010 zu einem Beben der Stärke 2,1 auf der Richter-Skala. Die Kraftwerksbetreiber reduzierten deshalb den Pumpendruck von 43 auf 35 bar, wodurch die elektrische Leistung auf 65 Prozent sank. Vier Tage zuvor hatte die Mainzer Landesregierung ein Gutachten vorgestellt, das eine Verursachung der Be1ben durch das Kraftwerk für "sehr wahrscheinlich" hält. Ende Dezember verlängerte die Landesregierung die Erlaubnis zur Weiterführung des Probebetriebs ein weiteres Mal bis zum 31. März 2011, wobei als Druckobergrenze 45 bar gestattet sind. Ursprünglich sollte die Anlage bereits Ende 2009 in den Regelbetrieb übergehen.

Die Beben in Basel und Landau mit maximalen Magnituden von 3,4 und 2,7 sind nach der Richterskala als "sehr leichtes" bzw. "extrem leichtes" Erdbeben einzustufen. Neben geringfügigen Sachschäden - deren geothermische Verursachung teilweise umstritten ist - lösten sie vor allem viel Aufregung aus. Dabei kamen sie nicht ganz unerwartet. Mit seismischen Erschütterungen als Folge der Gesteins-"Stimulierung" beim HDR-Projekt in Basel und des Pumpendrucks in Landau war durchaus zu rechnen. Die Projektbetreiber nahmen allerdings wohl an, daß die Beben unterhalb der Schwelle der Wahrnehmbarkeit bleiben würden. In dieser Hinsicht hatten sie sich geirrt. Außerdem kann das, was die Richterskala als "sehr leichtes Erdbeben" definiert und weltweit hundertmal am Tag auftritt, in einer sonst erdbebenfreien Zone durchaus erhebliche Ängste auslösen.

Die wirklich schweren Gebäudeschäden, die in Staufen auftraten und nun ebenfalls in diese Befürchtungen miteinfließen, haben dagegen mit der geothermischen Stromerzeugung nichts zu tun. Sie entstanden vielmehr durch ein Projekt der "oberflächennahen Geothermie", die bis zu einer Tiefe von 400 Metern die konstante Wärme des Erdreichs in Verbindung mit Wärmepumpen zu Heizzwecken nutzt. In Staufen hatte man eine 140 Meter tiefe Erdsonde zur Beheizung des Rathauses geplant. Weil die Bohrung nicht sorgsam genug durchgeführt wurde, kam eine dicke Gipskeuper-Schicht mit Wasser in Berührung, die zu Gips aufquoll und so die ganze Altstadt ins Wanken brachte. Das Drama von Staufen zeigt immerhin, daß die oberflächennahe Geothermie mindestens so riskant sein kann wie die Tiefen-Geothermie.


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