Oktober 2010

101005

ENERGIE-CHRONIK


Erhöhte EEG-Umlage trifft mittelständische Industrie besonders hart

Die Explosion der EEG-Umlage infolge des veränderten Abrechnungsverfahren (101001) bedeutet eine besondere Härte für industrielle Stromkunden, die nicht unter die "besondere Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen" nach §§ 40 - 44 EEG fallen. Während Großkunden mit einem Verbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden weiterhin nur 0,05 Cent pro Kilowattstunde bezahlen müssen, werden industrielle Verbraucher unterhalb dieser Grenze von der EEG-Umlage in voller Höhe getroffen. Sie müssen deshalb 2011 wie die Haushaltskunden pro Kilowattstunde eine Belastung von 3,53 Cent pro Kilowattstunde tragen. Da Industriestrom aber bedeutend billiger als Haushaltsstrom ist, kann sich daraus eine EEG-Belastung von mehr als 30 Prozent des Strompreises ergeben, wie der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) am 25. Oktober vorrechnete.

Der VIK hatte als einziger Branchenverband im vergangenen Jahr vor der Umstellung des EEG-Abrechnungsverfahrens gewarnt, weil ihm schwante, daß damit höhere Belastungen auf die Verbraucher und damit auch auf seine Mitglieder zukommen würden (091201). Am Abnahmefall eines mittelständischen Unternehmens mit einem Strombedarf von 40 Millionen Kilowattstunden jährlich demonstrierte er nun die Auswirkungen: Bei einen Strompreis von 109,9 Euro/MWh kostet die eigentliche Ware Strom 57 Euro/MWh. Der EEG-Aufschlag von 35,30 Euro/MWh macht also mehr als 30 Prozent des Strompreises aus.

In dieser Größenordnung sei der deutsche EEG-Aufschlag international einzigartig und wirke sich besonders belastend aus, erklärte VIK-Hauptgeschäftsführerin Annette Loske. Vor allem für exportorientierte Unternehmen sei er unmittelbar wettbewerbsschädlich. Loske verlangte eine Deckelung der EEG-Belastung auch für die kleineren industriellen Verbraucher, wodurch sich allerdings der Belastung der Haushalte noch vergrößern würde.

 

"Volkswirtschaftliches Schiffeversenken auf Kosten der Allgemeinheit"

Die Linke-Abgeordnete Dorothée Menzner prophezeit die Abschaffung des Einspeisungsvorrangs für EEG-Strom

 

Daß die Umstellung des EEG-Ausgleichsverfahrens keine Formalität war, sondern die Axt an die Wurzeln des bisherigen Systems der EEG-Förderung legte, wird von Politik und Medien noch immer weitgehend ignoriert (101001). Die Linke-Abgeordnete Dorothée Menzner gehört zu den wenigen, die begriffen zu haben scheinen, was die Beseitigung der Absatzgarantie für EEG-Strom in Verbindung mit steigender Direktvermarktung und Verramschung des weniger wertvollen Teils über die Börse zu Lasten der Verbraucher bedeutet. In der Debatte des Bundestags über die Novellierung des Atomgesetzes am 28. Oktober (101002) sagte sie:


Im Zuge der Laufzeitverlängerung wird es immer häufiger zu Netzüberlastungen durch Kohle- und Atomgrundlaststrom kommen. Sie werden weiter lügen – das haben Sie auch in den letzten Wochen schon getan und behaupten, das sei ein Problem des Überangebots an erneuerbaren Energien.

Es handelt sich nämlich um einen Systemkonflikt, um einen Systemkonflikt zwischen Erneuerbaren und Grundlastkraftwerken. Sogar Ihr Sachverständigenrat hat das konstatiert, indem er schreibt: Jetzt wäre eine Systementscheidung notwendig. Zunächst werden Sie – das steht auch schon in Ihrem Energiekonzept – die Direktvermarktung von EEG-Strom umsetzen. Dann werden Sie den Einspeisevorrang für erneuerbare Energien abschaffen müssen. Ich unterstelle Ihnen nicht einmal, dass Sie das wollen. Aber das ist die zwanghafte Konsequenz Ihres verantwortungslosen Energiekonzepts. Sie betreiben volkswirtschaftliches Schiffeversenken auf Kosten der Allgemeinheit.

Dass der Systemkonflikt längst Realität ist, konnten wir im letzten Jahr beobachten. Allein im Jahr 2009 kam es 18-mal zu Strompreiskapriolen. Da wurde Strom zu Negativpreisen gehandelt, bzw., um es verständlicher zu sagen, es wurde Geld gezahlt, wenn nur jemand den überflüssigen Strom abnahm – und das in Zeiten, als vier Atomkraftwerke abgeschaltet waren und Deutschland immer noch massiv Strom ins Ausland exportierte. 18-mal war also zu viel Grundlast im Netz; diese Tendenz wird weiter zunehmen.

Die Gewinner dieses Prozesses werden die vier Atomkonzerne und ihre Lobbyisten sein; darauf ist schon mehrfach hingewiesen worden. Ihr Gerede von der Abschöpfung des Großteils der Zusatzgewinne ist nichts anderes als eine populistische Nebelkerze.

Die Verlierer dieses Prozesses werden die kommunalen Energieversorger, Tausende von Menschen, die um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen, die Bürgerinnen und Bürger und nicht zuletzt die nachfolgenden Generationen sein. Sie verschanzen sich weiterhin hinter Ihrer betonköpfigen Ignoranz. Ihr Gerede von der Brückentechnologie ist eine Schimäre. Das Ende dieser Brücke hängt nämlich offen weit über dem Wasser.

Sie vertun hier und heute eine historische Chance. Sie lassen die Bürgerinnen und Bürger über höhere Strompreise und Steuern die Zeche für die Profite der Konzerne zahlen; hinzu kommen die Sicherheitsrisiken. Ich versichere Ihnen: Das werden sich die Bürgerinnen und Bürger nicht widerstandslos gefallen lassen.

 

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