Juli 2010

100710

ENERGIE-CHRONIK


Über das Kraftwerk Datteln sollen die Gerichte entscheiden

Die neue Düsseldorfer Landesregierung will über die Fortführung des neuen Steinkohle-Blocks am Kraftwerksstandort Datteln (100509) die Gerichte entscheiden lassen. "Die Landesregierung selbst baut keine neuen Kraftwerke und reißt auch keine begonnenen Projekte ab", heißt es in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Grünen, die am 12. Juli unterzeichnet wurde. "Sie wird deshalb den Vertrauensschutz dahingehend gewährleisten, daß Projekte nicht in laufenden Verfahren durch Landesrecht schlechter gestellt werden als zum Zeitpunkt der Antragstellung. Die Landesregierung wird aber auch den Vertrauensschutz für Anliegerinnen und Anlieger nicht verschlechtern und schon deshalb Landesrecht zugunsten begonnener Projekte nicht verbiegen."

CDU will Debatte im Landtag

Mit der zitierten Formulierung haben die Koalitionspartner den wichtigsten energiepolitischen Streitpunkt vorerst auf Eis gelegt. Es wird nun erst mal von den Gerichten abhängen, ob und wie schnell E.ON den begonnen Kraftwerksbau trotz der festgestellten Rechtsverstöße vollenden kann. Dennoch bleibt genug politischer Konfliktstoff. Ende Juli vertrat der neue Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) in einem Interview die Ansicht, der Kraftwerksbau in Datteln könne aufgrund der bisher ergangenen Gerichtsentscheidungen nicht realisiert werden. Außerdem kündigte Remmel an, den Entwurf eines Landesentwicklungsplans nicht weiter zu verfolgen, mit dem die Vorgängerregierung unter anderem dem Projekt in Datteln den Weg ebnen wollte. Die CDU will deshalb die Fertigstellung des Kohlekraftwerks nach der Sommerpause zum Thema im Landtag machen.

Entgegen den Erwartungen (100509) hatte die politische Konstellation nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen nicht zu einer Großen Koalition geführt. Stattdessen kam es zu einer Minderheitsregierung aus SPD und Grünen, die im Parlament auf ihre Duldung durch die Linke angewiesen ist. Am 14. Juli wurde die bisheriger SPD-Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft vom Landtag im zweiten Wahlgang zur neuen Ministerpräsidentin gewählt.

Kommunen haben als Bieter für die Steag gute Karten

Ausdrücklich sieht der Düsseldorfer Koalitionsvertrag die Stärkung von Stadtwerken und Kommunalwirtschaft vor. SPD und Grüne wollen hierzu das Kommunalwirtschaftsrecht von neoliberalen Deformierungen befreien:

"Als nicht auf Gewinnmaximierung orientierte Unternehmen der Daseinsvorsorge sind sie ein wichtiger Garant für die Lebensqualität in unseren Städten, und durch die enge Zusammenarbeit mit dem örtlichen Handwerk und Mittelstand deren natürliche Partner. Unser Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Kommunalwirtschaft in Zeiten von deregulierten Märkten zu erhalten. Dies gilt insbesondere für die Stadtwerke, die selbst gegenüber den vier großen Energieunternehmen zum Träger des Wettbewerbs und zum Entwicklungsmotor für regenerative und dezentrale Versorgungsstrategien geworden sind. Wir werden daher die Fesseln, die der Kommunalwirtschaft getreu der Ideologie 'Privat vor Staat' angelegt wurden, durch eine Neufassung des Kommunalwirtschaftsrechts wieder lösen."

Damit haben die Kommunen gute Karten beim gegenwärtig laufenden Bieterwettbewerb um den Steinkohle-Verstromer Steag, für den der Evonik-Konzern (070907) einen Juniorpartner sucht, der bis zu 49 Prozent der Anteile übernimmt. Die Landesregierung hat nämlich über die RAG-Stiftung beim Verkauf von Evonik-Geschäftsfeldern mitzureden. Unter den rund zehn Interessenten-Gruppen befinden sich auch die Stadtwerke Bochum, Essen, Dortmund und Duisburg. Letzten Berichten zufolge haben sich die Stadtwerke mit dem Versicherungskonzern Allianz auf eine Zusammenarbeit verständigt und erwägen die Einbeziehung des Entsorgungsunternehmens Remondis (050202), das bislang ein eigenständiges Angebot für die Steag abgegeben hat.