Oktober 2007

071014

ENERGIE-CHRONIK


"2. Deutscher Klimakongreß" der EnBW mit Al Gore als Aushängeschild

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) veranstaltete am 23. Oktober in Berlin zum zweiten Mal ihren hauseigenen "Deutschen Klimakongreß", der unter dem früheren Vorstandsvorsitzenden Utz Claassen vom Öffentlichkeitsarbeiter Jürgen Hogrefe (030514) erfunden und erstmals in Szene gesetzt worden war, um die Klimaschutz-Diskussion in die Kampagne gegen den Ausstieg aus der Kernenergie einzubinden (060912). Prominentestes Aushängeschild der PR-Veranstaltung war dieses Mal der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore, der bereits zum ersten Kongreß ein per Satellit übertragenes Grußwort beisteuerte, damals aber im Schatten des persönlich anwesenden US-Energie-Gurus Jeremy Rifkin gestanden hatte. Aus der Garde der deutschen Politiker konnte der neue EnBW-Chef Hans-Peter Villis (070708) den Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger und dessen Umweltministerin Tanja Gönner (beide CDU) als Gastredner begrüßen.

Oettinger nutzte die Gelegenheit, um im Sinne des Veranstalters eine Revision des Atomausstiegs zu fordern: "Wer zu früh bei den Atomkraftwerken aussteigt, muß die Lücke mit neuen Kohlekraftwerken schließen und verhindert damit den Aufbau regenerativer Energie." Steinmeier hütete sich dagegen, seinem Kabinettskollegen und Parteifreund Sigmar Gabriel auf die Füße zu treten, indem er verkündete: "Auf mein Interesse und meine Kooperation dürfen Sie sich verlassen, auch dann, wenn wir über die Rolle der Kernenergie weiter streiten werden!" Ganz im Sinne des Veranstalters waren allerdings seine Zweifel, "ob die eigentumrechtliche Trennung von Energieproduktion und –netz der Weisheit letzter Schluss ist". Dieser Schelte für die Pläne der EU-Kommission (070901) ließ Steinmeier gelinde Kritik an den jüngsten Preiserhöhungen der Stromkonzerne (071001) folgen: "Gleichwohl will ich nicht verhehlen, dass Haltung und Verhalten der Energiewirtschaft unsere Aufgabe im Einzelfall nicht erleichtert. Preiserhöhungen, auch beim Strom, mögen ihre betriebswirtschaftliche Rechtfertigung haben. Ob Art und Weise, ob das Maß des Selbstbewusstseins und die Verve, mit der sie zuletzt vorgetragen wurden, zum Erfolg der gemeinsamen Bemühungen in Brüssel beiträgt, wage ich zu bezweifeln."

Üppiges Honorar für einen Stargast mit stark eingeschränkten Verwertungsrechten

Als die EnBW Al Gore für den "2. Deutschen Klimakongreß" unter Vertrag nahm, ahnte noch keiner, daß er daran als frischgebackener Friedensnobelpreisträger teilnehmen würde. Insofern war seine Verpflichtung, wie die "Frankfurter Allgemeine" (24.10.) feststellte, für die EnBW ein "gutes Termingeschäft". Gore sei für seinen kurzen Auftritt üppig honoriert worden: "Dem angeblichen Betrag von 180.000 Dollar wurde nicht rigoros widersprochen". Dabei habe er Bedingungen gestellt, die eine Verwertung seiner Prominenz durch die EnBW stark einschränken: "Al Gore zählt mittlerweile zu jenen globalen Stars, die ihre mediale Wirkung völlig kontrollieren. So erwarb der Konzern nicht die Rechte an seiner Rede, diese durfte nicht aufgezeichnet werden. Ein öffentlich zugänglicher Klimaschutz-Missionar war Gore nur in einem fünfminütigen Auftritt vor der Rede, danach mußten Kameras und Tonbandgeräte abgeschaltet werden."

Inhaltlich bot der mit Dias unterlegte Vortrag, den Al Gore im Rahmen einer Abendveranstaltung nach dem "Dinner" hielt, nichts Besonderes, wie auch die sonstigen Beiträge des Kongresses. Um die Prominenz des frischgebackenen Friedensnobelpreisträgers trotz der restriktiven Bedingungen gebührend für die eigenen Zwecke zu verwerten, startete die EnBW vor Beginn der Veranstaltung in Zeitungen, auf Plakaten, Postkarten und im Internet eine spezielle PR-Kampagne unter dem Motto "Sie fragen – Al Gore antwortet".

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