April 2006

060409

ENERGIE-CHRONIK


Neues Gutachten zum Stromausfall: Ein bereits sanierter Mast kippte um und riß andere mit sich

Der Zusammenbruch von 81 Hochspannungsmasten, der im November 2005 einen tagelangen Stromausfall im Münsterland bewirkte (051101), ist offenbar doch teilweise auf versprödete Bauteile aus Thomasstahl zurückzuführen. Dies ergibt sich aus einem Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung, das Ende April bekannt wurde. Der Befund korrigiert insoweit ein anderes Gutachten vom Februar, das im Auftrag von RWE erstellt worden war. Der Sachverständige Georg Thierauf hatte darin die Ursache des Stromausfalls ausschließlich der außergewöhnlichen Wetterlage mit einer sich daraus ergebenden mehrfachen Überbelastung der Stromleitungen zugeschrieben (060208).

Das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung soll in vollem Umfang erst Ende Mai veröffentlicht werden. Presseberichten zufolge sieht es die Ursache für das Umknicken einer ganzen Reihe von Hochspannungsmasten im Zusammenbruch eines einzelnen Mastes, der von RWE im Rahmen des seit 2001 laufenden Sanierungsprogramms (051205) bereits erneuert worden war. Die Ursache des Domino-Effekts sei an einem "gemäß RWE-Sanierungskonzept sanierten Mast an einer versprödeten Diagonale aus Thomasstahl" aufgetreten. Die Gutachter verlangten deshalb eine Überprüfung des RWE-Sanierungskonzeptes. (SZ, 27.4.; FAZ, 28.4.).

In einer ersten Stellungnahme vom 27. April bestätigte RWE Energy: "Im Zentrum des BAM-Gutachtens steht die Analyse eines einzelnen Mastes, der an besonders exponierter Stelle stand. Dabei wurden an einem Bauteil Versprödungseffekte festgestellt." Indessen lasse sich auch diesem Gutachten entnehmen, daß es keine Versäumnisse bei Wartung und Instandhaltung gegeben habe und das Sanierungsprogramm den geltenden Normen entspreche.

Das Ergebnis der Ursachenforschung ist für RWE auch mit Blick auf Schadenersatzansprüche von Bedeutung. Bisher hat der Konzern auf freiwilliger Basis fünf Millionen Euro in einen Härtefallfonds eingezahlt. Nach Unternehmensangaben wurden davon bisher 4,5 Millionen an die betroffenen Kommunen der Kreise Borken, Coesfeld und Steinfurt sowie an private Empfänger ausgezahlt. Der eigene Schaden, der RWE durch den Stromausfall entstanden sei, wird auf etwa 42 Millionen Euro veranschlagt. (SZ, 27.4.)