September 2004

040907

ENERGIE-CHRONIK


"Österreichische Stromlösung" verschoben - Branche wird von Wettbewerbsbehörde untersucht

Nach heftiger Kritik der Industrie an den hohen Strompreisen hat der österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (Volkspartei) die Bundeswettbewerbsbehörde und den Stromregulator E-Control mit einer Untersuchung der Branche beauftragt. Der Verbundkonzern nahm dies zum Anlaß, um den für 1. Oktober 2004 geplanten Vollzug der vor zwei Jahren vereinbarten und mittlerweile auch von der EU-Kommission unter Auflagen gebilligten "österreichischen Stromlösung" ( 020402 u. 030605) vorerst auf Eis zu legen. "Die Anwürfe bezüglich kartellrechtlicher Verfehlungen sind so massiv, daß wir durch einen Abschluß der Verhandlungen mit der Energie-Allianz jetzt keine Fakten setzen wollten", begründete ein Verbund-Sprecher gegenüber der Wirtschaftszeitung "der Standard" (18.9.) die Aussetzung der Gespräche.

Die sogenannte Österreichische Stromlösung sollte ursprünglich schon Anfang 2003 den Verbundkonzern und die von Regionalversorgern gegründete "Energie Allianz" in zwei gemeinsamen Gesellschaften für Stromerzeugung/Stromhandel und Stromvertrieb zusammenführen. Aufgrund der Bedenken der EU-Kommission (030210) und der daraus hervorgegangenen Auflagen (030605) verzögerte sich der Vollzug der getroffenen Vereinbarungen. Inzwischen hat der Verbund seine Großkundengesellschaft APC an den slowenischen Mischkonzern Istrabenz verkauft und damit eine der wesentlichen Auflagen erfüllt.

Alle Energieversorger mehrheitlich in öffentlichem Besitz

Zunächst wollte der Verbund mit der deutschen E.ON Energie eine gemeinsame Wasserkraftgesellschaft gründen (010702), wogegen sich jedoch heftiger Protest regte. Unter politischem Druck erklärte sich der Verbund daraufhin zur Kooperation mit den in der "Energie-Allianz" zusammengeschlossenen Landesversorgern bereit (020402). Die Energie-Allianz versorgt ihren Angaben zufolge rund 72 Prozent der Strom- und rund 85 Prozent der Gaskunden in Österreich, während der Verbundkonzern als größter Stromproduzent fast die Hälfte des österreichischen Strombedarfs deckt und das Transportnetz mit den Kuppelstellen zum Ausland betreibt. Alle beteiligten Stromversorger befinden sich mehrheitlich im Besitz von Bund, Ländern oder Kommunen (siehe Karte/Tabelle).

"Anbieter von außen haben kaum eine Chance"

Nach Ansicht des "Standard" (18.9.) haben es die österreichischen Energieunternehmen verstanden, ein geschicktes Spiel zu Lasten der Stromkunden zu spielen: "Der reine Energiepreis in Österreich liegt europaweit im unteren Drittel, die Durchleitungstarife aber sind Europaspitze. Es ist gerade die Kombination von billigem Energiepreis und hohen Durchleitungstarifen, die dazu führt, daß Anbieter von außen kaum eine Chance haben, ihren Strom in Österreich zu verkaufen." Die unhaltbaren Zustände seien nicht zuletzt durch den umfangreichen Staats- und Landesbesitz an den Energieerzeugern bedingt: "Letzte Hoffnung sind nun die staatlichen Kartellbehörden. Sie müßten den Filz aufbrechen und für echten Wettbewerb sorgen. Diese Auseinandersetzung wird spannend, muß doch der Staat gegen den Staat antreten."

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