Oktober 2001

011002

ENERGIE-CHRONIK


Debatte um mögliche Terroranschläge auf Kernkraftwerke dauert an

Die Debatte um die Sicherheit von Kernkraftwerken, die nach den Terroranschlägen vom 11. September entbrannte (010904), dauerte im Oktober an. In einer ersten Stellungnahme für das Bundesumweltministerium (PDF-Datei) bestätigte die Reaktorsicherheitskommission (RSK), daß die neueren deutschen Kernkraftwerke nur gegen den zufallsbedingten Absturz einer schnellfliegenden Militärmaschine mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 774 km/h ausreichend geschützt seien. Bei älteren Kernkraftwerken sei der Schutzgrad geringer und je nach Anlage unterschiedlich. Die wirksamste Maßnahme zur Verringerung des Risikos eines vorsätzlich herbeigeführten Absturzes eines Flugzeuges auf ein Kernkraftwerk sei "ein gestaffeltes Schutzkonzept mit gezielten administrativen und technischen Maßnahmen im Bereich der Flugsicherheit".

Schnellere Abschaltung älterer Reaktoren gefordert

"Als Konsequenz aus den Anschlägen vom 11. September sollten wir mit den Betreibern noch einmal über die vereinbarten Restlaufzeiten reden", sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt, gegenüber der "Berliner Zeitung" (16.10.). Ziel müsse es sein, die Reaktoren älterer Bauart schneller abzuschalten. Auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) äußerte sich in diesem Sinn.

Flugabwehrraketen bei La Hague aufgestellt

Die französische Regierung hat die Flugverbotszone um die Wiederaufarbeitungsanlage La Hague deutlich erweitert. Zugleich ließ sie in der Nähe der Anlage Flugabwehrraketen postieren, wie dies vom kernkraftkritischen "Wise"-Institut vorgeschlagen worden war (010904). Verteidigungsminister Alain Richard schloß nicht aus, daß auch Kernkraftwerke mit Boden-Luft-Raketen gesichert werden (FAZ, 19.10.).

Flugverbot in der Nähe von US-Kernkraftwerken

Die US-Luftaufsichtsbehörde verhängte am 31. Oktober ein zeitlich begrenztes Flugverbot in der Nähe von Kernkraftwerken und über Teilen von New York. Das Überfliegen von Atomanlagen wurde in einem Radius von 18,5 Kilometern verboten (DPA, 31.10.).

Die Androhung eines Terroranschlags veranlaßte die US-Behörden am 18. Oktober, den Luftraum über dem Kernkraftwerk Three Mile Island zu sperren und den internationalen Flughafen der Stadt Harrisburg vier Stunden lang zu schließen. In dem Kernkraftwerk in Pennsylvania hatte sich 1979 das bislang schwerste KKW-Unglück in der Geschichte der USA ereignet (Handelsblatt, 19.10.).

Trittin hält an Nukleartransporten fest

"Die Betreiber haben das Recht zum Transport", sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin gegenüber der "Berliner Zeitung" (26.10.). Er wandte sich damit gegen Stimmen aus den Koalitionsparteien, die nach den Terroranschlägen vom 11. September sowie wegen der jüngsten Pannen in deutschen Kernkraftwerken (011001, 011003) einen Stopp der Nukleartransporte nach Gorleben verlangt hatten. Kernkraftgegner kündigten massive Aktionen gegen den nächsten Transport mit sechs Castor-Behältern an, der am 12. November in Niedersachsen erwartet wird. Zuletzt war es im März zu starken Behinderungen solcher Transporte gekommen (010304, 010802). Die Kernkraftgegner kündigten an, daß auch ICE-Strecken von den geplanten Störaktionen betroffen sein könnten (FR, 26.10.).

In der Nacht zum 24. Oktober verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf eine Eisenbahnbrücke bei Hitzacker-Seerau, über die der nächste Transport von La Hague nach Gorleben rollen soll. Die Holzbohlen der Brücke wurden auf mehreren Metern beschädigt. Die Brücke soll bis zum Transporttermin wieder repariert sein. Sie wird nun rund um die Uhr bewacht (DPA, 31.10.).

Begleitet von Protestaktionen, aber ohne größere Behinderungen, erreichte Mitte Oktober ein Zug mit abgebrannten Brennelementen aus den Kernkraftwerken Brunsbüttel, Stade und Mülheim-Kärlich die Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Weitgehend störungsfrei verlief auch ein Transport aus dem Kernkraftwerk Unterweser zur britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield. Ein für 1. Oktober geplanter Transport nach La Hague war wegen der Anschläge in den USA abgesagt worden (DPA, 10.10.).