September 1999

990923

ENERGIE-CHRONIK


Kettenreaktion verstrahlt Arbeiter in japanischer Uranverarbeitungsanlage

In der japanischen Uranverarbeitungsanlage Tokay-mura ereignete sich am 30.9. um 10.35 Uhr Ortszeit ein schwerer kerntechnischer Störfall, der vorläufig in die vierte der insgesamt sieben Stufen der International Nuclear Event Scale (INES) eingeordnet wurde. Dabei waren etwa fünfzig Menschen erhöhter radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Drei Arbeiter wurden lebensgefährlich verstrahlt. Die Behörden sperrten das Betriebsgelände ab und evakuierten die nächstgelegenen Anwohner. Im Umkreis von zehn Kilometern um die Anlage wurden ca. 300 000 Einwohner aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben (FR, 1.10.; Spiegel, 4.10.).

Ursache des Unglücks war die grobe Missachtung von Sicherheitsvorschriften durch Arbeiter und Management der Firma JCO, die in Tokay-mura Kernbrennstoff für Leichtwasser-Reaktoren (mit einer Urananreicherung bis etwa 5 Prozent) und Forschungsreaktoren (Anreicherung bis 20 Prozent) herstellt. Im konkreten Fall sollten Kernbrennstoff-Reste mit einer Anreicherung von 18,8 Prozent zwecks Reinigung in ein mit Salpetersäure gefülltes und mit Wasser gekühltes Reaktionsgefäß gebracht werden. An Stelle der höchstzulässigen Menge von 2,5 kg kippten die Arbeiter jedoch rund 16 kg Uran in das Gefäß, wodurch die kleinste kritische Masse bei dieser Anreicherungsstufe um das Dreifache überschritten und eine Kettenreaktion ausgelöst wurde. Die Kritikalität äußerte sich optisch in einem "blauen Blitz" und bewirkte eine starke Gamma- und Neutronenstrahlung. Drei in unmittelbarer Nähe befindliche Arbeiter waren dadurch einer Dosis von schätzungsweise 8 Sievert ausgesetzt. Außerhalb der Anlage dürfte die Direktstrahlung gering gewesen sein. Nach zwanzig Stunden gelang es schließlich, die Kettenreaktion zu stoppen.

Siemens: In Deutschland nicht möglich

Der Siemens-Bereich Energieerzeugung (KWU) betonte in einer Pressemitteilung, dass ein vergleichbarer Unfall in den Brennelemente-Werken von Siemens in Deutschland und den USA nicht möglich sei. In diesen Anlagen werde nur Uran niedriger Anreicherung (bis 5 Prozent) verwendet. Außerdem gewährleiste eine Reihe von Maßnahmen, dass selbst bei Fehlbedienung keine Kritikalität auftreten könne.