Januar 1996

960109

ENERGIE-CHRONIK


BfS dementiert "illegale Einlagerung hochradioaktiver Stoffe in Morsleben"

Nach einem Bericht des ZDF-Magazins Kennzeichen D (24.1.) befinden sich im Endlager Morsleben auch "hochradioaktive Stoffe" aus DDR-Zeiten, deren Lagerung dort nicht statthaft sei. Die Magdeburger Umweltministerin Heidrun Heidecke (Bündnisgrüne) warf daraufhin ihrer Bonner Amtskollegin Angela Merkel (CDU) vor, einen illegalen Zustand zu dulden und ihre atomrechtlichen Aufsichtspflichten zu verletzen (DPA, 23.1. u. 31.1.; FR, 25.1.; SZ, 25.1.).

Wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) dazu feststellte, werden die fraglichen Abfälle in Morsleben legal und ordnungsgemäß zwischengelagert. Die Vorwürfe bezögen sich auf drei Kategorien von Abfällen aus DDR-Zeiten, die nach internationaler Klassifizierung als mittelradioaktiv einzustufen sind:

1. Neutronenquellen und radiumhaltige Stoffe aus den ehemaligen Kernkraftwerken Rheinsberg und Greifswald sowie aus medizinischen Verwendungsbereichen. In der ehemaligen DDR sah man darin wiederverwertbare Wertstoffe. Deshalb liegen in diesem Fall unbefristete Zustimmungen zur Zwischenlagerung vor.

2. Fünf Spezialcontainer mit Kobalt-60-Quellen und Europiumstäben, die zur Erprobung von Endlagertechnologien in Morsleben dienten. Die hierfür erforderliche Genehmigung war bis Ende 1990 befristet. Seitdem werden diese Stoffe durch eine "Verfügung der Eigenaufsicht des BfS" zwischengelagert.

3. Zwei Spezialcontainer mit insgesamt 467 Kobalt-60-Quellen, die in der früheren DDR zur Trinkwasserbehandlung dienten. Sie wurden 1990 vom BfS 1990 zur Endlagerung angenommen. Da im Februar 1991 das Bezirksgericht Magdeburg einen vorläufigen Einlagerungsstop für Morsleben verfügte, konnte die vorgesehene Endlagerung aber nicht durchgeführt werden. Das BfS hat diese Kobaltquellen deshalb ebenfalls durch eine aufsichtliche Anordnung der Eigenüberwachung zwischengelagert.

Wie das BfS hervorhob, war seit Übernahme des Endlagers Morsleben in die Verantwortung des Bundes beabsichtigt, die zwischengelagerten radioaktiven Stoffe an eine Landessammelstelle des Landes Sachsen abzuliefern. Da es aber bisher nicht zur Einrichtung einer solchen Landessammelstelle kam, mußten sie aus sicherheitstechnischen Gründen in Morsleben zwischengelagert werden. Dem Magdeburger Umweltministerium war dieser Sachverhalt seit langem bekannt.