Januar 1994

940109

ENERGIE-CHRONIK


Ärzte wollen Siemens zum Ausstieg aus der Nukleartechnik nötigen

Die Vereinigung Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) hat am 22.1. auf ihrer Bundeskonferenz in Mainz eine Anti-Nuklear-Kampagne gegen die Firma Siemens beschlossen. Die IPPNW will bundesweit ihre Mitglieder sowie nach und nach alle niedergelassenen Ärzte schriftlich auffordern, keine medizinisch-technischen Geräte von Siemens wie Röntgengeräte, Zahnarztausrüstungen oder Ultraschallgeräte zu kaufen. Der Boykott soll so lange gelten, bis Siemens "zugunsten seiner duchaus vorhandenen umweltfreundlichen und zukunftsweisenden Energietechniken auf Planung und Bau von Atomkraftwerken verzichtet und aus der Plutoniumwirtschaft aussteigt". Die Kampagne wird vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sowie weiteren Organisationen und Initiativen unterstützt. Sie war am 23.5.1993 von dem Kongreß "Atomenergie am Ende" in Köln ins Leben gerufen worden (FR, 25.1.; siehe auch 930510).

Das Handelsblatt (27.1.) sieht im Aufruf der IPPNW eine "Nötigung" wenn nicht gar "Erpressung" . Die Konsequenzen eines Atomkriegs und die Nutzung der Kernenergie dürften keineswegs als gleichartige Risiken gesehen werden. Der Verweis auf umweltfreundliche und zukunftsweisende Techniken im Repertoire der Firma basiere auf einer "arroganten Besserwisserei". Falls der Boykott besonders leistungsfähige medizinische Geräte von Siemens treffe, müßten bei einem Verzicht die Patienten leiden. Die IPPN maße sich damit "eine energiewirtschaftliche Sachkompetenz an, die nicht vorhanden ist, und zwar zu Lasten Dritter - kurzfristig der Patienten und längerfristig auch der deutschen Volkswirtschaft".