September 1993

930903

ENERGIE-CHRONIK


Kumpel protestieren gegen Kohlepolitik

Aus Protest gegen die Kohlepolitik der Bundesregierung haben vom 21. bis 23.9. zahlreiche Bergleute in Zechen des Ruhrgebiets und am Niederrhein die Arbeit niedergelegt. Nach Angaben der IG Bergbau und Energie beteiligten sich bis zu 80 000 Menschen an den Protestaktionen. An verschiedenen Stellen wurden Straßenkreuzungen, Autobahnzufahrten oder Autobahnen blockiert. Den Anlaß bildeten die am 20.9. bekanntgegeben Pläne der Ruhrkohle AG, das Bergwerk "Monopol" in Bergkamen zum Jahresende zu schließen und die Zechen "Heinrich Robert" in Hamm und "Hugo-Konsolidation" in Gelsenkirchen teilweise stillzulegen. Bei ihren Demonstrationen forderten die Bergleute immer wieder eine sichere Zukunft für den deutschen Steinkohlebergbau bzw. eine Nachfolgeregelung für den 1995 auslaufenden "Jahrhundertvertrag" über die Steinkohleverstromung (FAZ, 23.9.; FR, 23.9.; siehe auch 930803, 930501 u. 930502).

Im Saarland haben am 23. und 24.9. bis zu 10 000 Beschäftigte in Zechen, Kokereien, Kraftwerken und technischen Betrieben der Saarbergwerke AG die Arbeit niedergelegt. In Saarbrücken und anderen Städten behinderten Demonstrationszüge den Verkehr (FAZ, 24.9.).

Der Vorsitzende der IG Bergbau und Energie, Hans Berger, hat die Bundesregierung aufgefordert, möglichst schnell und noch in diesem Jahr über die Steinkohlefinanzierung zu entscheiden. Sonst sei mit einer Radikalisierung der protestierenden Bergleute an Ruhr und Saar bis zur Gewalttätigkeit zu rechnen, sagte Berger am 24.9. vor Journalisten in Saarbrücken. Die Finanzierung dürfe auch nicht länger von einem Energiekonsens abhängig gemacht werden, denn die Einigung über diesen brauche sehr viel mehr Zeit als die Kohleunternehmen für klare Finanzierungsentscheidungen zur Verfügung hätten (FR, 25.9.).

"Proteste von der Gewerkschaft orchestriert und mit der Ruhrkohle AG abgestimmt"

Nach Meinung des Spiegel (27.9.) war bei den Arbeitsniederlegungen und Protestaktionen die ordnende Hand der IG Bergbau sowie die kaum verhohlene Sympathie der Arbeitgeber zu spüren: "Der Zoff an der Ruhr war offensichtlich von der Gewerkschaft orchestriert und mit der Ruhrkohl AG abgestimmt. ... An der Ruhr legt keiner den Preßlufthammer aus der Hand, wenn die IG Bergbau es nicht will. Den Arbeitgebern kommt der Rabatz nicht ungelegen. ... Der Straßenprotest bringt viel mehr Resonanz als der zähe Verhandlungswiderstand der Zechenbosse gegen die Subventionsverdrossenen in Bonn."

Laut Handelsblatt (27.9.) hat Bundeskanzler Kohl die Aktionen der Bergleute "als Mahnung begriffen, daß ein weiteres Spielen auf Zeit mit erheblichem Sprengstoff verbunden wäre",