Juni 2018

180603

ENERGIE-CHRONIK


Gesellschafter von 50Hertz will erneut Kasse machen

Der australische Infrastrukturfonds IFM will nun auch die andere Hälfte seiner 40-prozentigen Beteiligung am ostdeutschen Transportnetzbetreiber 50Hertz verkaufen. Dies teilte am 28. Mai der belgische Übertragungsnetzbetreiber Elia mit, der als Mehrheitsgesellschafter bis Ende Juli ein Vorkaufsrecht besitzt. Nach Informationen des "Handelsblatts" (19.6.) hat IFM bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen, und zwar wieder mit der State Grid Corporation of China (SGCC), der er bereits die erste Hälfte verkaufen wollte, bis die Belgier auf Wunsch und mit kräftiger finanzieller Unterstützung der Bundesregierung doch ihr Vorkaufsrecht ausgeübt haben (180305).

Für die erste Hälfte konnte IFM sechsmal soviel erzielen, wie sie gekostet hatte

Anscheinend sind die australischen Finanzjongleure auf den Geschmack gekommen, nachdem es ihnen gelungen ist, die erste Hälfte ihres 40-Prozent-Anteils für 976,5 Millionen Euro an Elia zu verkaufen. Das war ein sechsmal höherer Erlös, als sie vor acht Jahren beim Einstieg in das Unternehmen bezahlt haben. MIt erneuter Hilfe der Chinesen sowie von Medien und Politikern könnte es ihnen nun gelingen, den Preis für die zweite Hälfte über die Milliardengrenze zu treiben. Das dürfte allerdings nur dann klappen, wenn erneut die Elia den Retter spielt und kraft ihres Vorkaufsrechts Deutschland davor bewahrt, dass eine außereuropäische Großmacht in "kritische Infrastruktur" eindringt. So sieht jedenfalls das gängige Schreckensbild aus.

Elia soll die teuer erworbene zweite Hälfte an die Staatsbank KfW weiterreichen dürfen

Beispielsweise schrieb das VKU-Blatt "Zeitung für kommunale Wirtschaft" (19.6.): "Über Partei- und Unternehmensgrenzen hinweg herrscht hierzulande Einigkeit darüber, dass chinesische Firmen – und so auch die SGCC – eine aggressive Linie verfolgen, wenn es um das mögliche Ausspähen von Technik oder die Fremdsteuerung von Entscheidungen in systemrelevanten Sparten wie der Energieversorgung geht." Es liege daher im Interesse der Bundesregierung den Einstieg von SGCC bei 50Hertz zu verhindern. Nach bisherigen Informationen prüfe diese auch eine erneute Intervention, bei der die staatliche Förderbank KfW als "weißer Ritter" auftritt, an den Elia die teuer erworbenen Anteile weiterreichen kann, wenn sie ihr Vorkaufsrecht ausgeübt hat. Bei der KfW würden die Anteile dann bis auf weiteres "geparkt".



Kommentar

Verstaatlichung der Transportnetze wäre
von Anfang an die beste Lösung gewesen

Bei nüchterner Betrachtung läßt sich nicht erkennen, wie einem chinesischen Minderheitsgesellschafter "das mögliche Ausspähen von Technik oder die Fremdsteuerung von Entscheidungen" bei 50Hertz gelingen soll. Erstens dürfte es kaum technische Geheimnisse geben, die sich bei 50Hertz ausspähen lassen, zumal die Chinesen technisch ja auch nicht gerade hinterm Mond sind. Zweitens werden die Übertragungsnetzbetreiber sowieso schon fremdgesteuert, und zwar von strikten gesetzlichen Vorgaben, deren Erfüllung die Bundesnetzagentur überwacht. Drittens beschränken sich die verbleibenden unternehmerischen Kompetenzen der Kapitaleigentümer im wesentlichen auf das Einstreichen von Garantie-Renditen oder den möglichst gewinnbringenden Weiterverkauf von Anteilen – so wie das jetzt der australische Finanzjongleur IFM vormacht.

Deshalb wäre es am sinnvollsten gewesen, wenn der Staat von Anfang an die Strom-Transportnetze übernommen hätte – damals, als E.ON, Vattenfall und RWE sie zum Schnäppchenpreis verkauften, weil ihnen das Geschäft mit Kohle- und Atomstrom viel lukrativer erschien als die garantierten Renditen im regulierten Netzbereich. Und wenn jetzt die Bundesregierung glaubt, sich als "weißer Ritter" ins Getümmel der Profitinteressen stürzen zu müssen, um "kritische Infrastruktur" zu schützen, sollte sie die so erlangten Netz-Beteiligungen zumindest dauerhaft behalten, anstatt sie nur für den Weiterverkauf an neue private Kapitalanleger bei der KfW zu "parken". Andernfalls muss sie den "weißen Ritter" bald wieder losschicken, wobei es jedes Mal zu Lasten der Steuerzahler und zum Nutzen privater "Investoren" noch ein Stückchen teuerer wird...

 

 

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