November 2016

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ENERGIE-CHRONIK


Energieversorgung Gera zu hundert Prozent privatisiert

Die Energieversorgung Gera GmbH und die Kraftwerke Gera GmbH gehören jetzt zu hundert Prozent dem französischen Energiekonzern Engie (vormals GDF Suez). Dies teilte die Engie Deutschland AG am 7. November mit. Die Franzosen waren bisher mit 49,9 Prozent an den beiden Unternehmen beteiligt, die mehr als 70 000 Kunden mit Strom, Gas und Fernwärme versorgen. Die Gelegenheit zur Aufstockung auf hundert Prozent ergab sich aus der Insolvenz der Stadtwerke Gera AG, die vor zwei Jahren bundesweit Aufsehen erregte (140702).

Die Insolvenz der Stadtwerke Gera hatte komplexe Ursachen, die in einer jahrelangen Mißwirtschaft von verantwortlichen Managern und Kommunalpolitikern wurzelten. Erheblichen Anteil hatte aber auch die vor 15 Jahren erfolgte Teilprivatisierung der Energieversorgung, wodurch die Hälfte der Gewinne aus diesem Bereich in andere Taschen geleitet wurde (011216).

Den aktuellen Anstoß zur Insolvenz der Stadtwerke Gera AG gab dann, daß die Erlöse aus der Energieversorgung nicht mehr ausreichten, um den defizitären Verkehrsbereich zu finanzieren. Vor allem litt das GuD-Heizkraftwerk Gera-Nord unter der seit 2009 andauernden Talfahrt der Strompreise am Spotmarkt. Im Unterschied zu den Verkehrsbetrieben waren die beiden Energie-Töchter von der Insolvenzanmeldung der Stadtwerke aber nicht direkt betroffen.

Eigentlich sollte das Land die Anteile übernehmen, bis die Stadt wieder zahlungsfähig ist

Noch im März war geplant, daß eine landeseigene Beteiligungsgesellschaft den 50,1-Prozent-Anteil der insolventen Stadtwerke kauft und die Unternehmen saniert. Die Stadt Gera sollte dann von Mitte 2017 bis Ende 2020 die Möglichkeit erhalten, diese Anteile zurückzuerwerben. Aus unbekannten Gründen ist es dazu aber nicht gekommen.

Stattdessen erklärte sich nun Engie bereit, die Stadt Gera oder einen anderen "starken lokalen Gesellschafter an Bord zu holen". Die gewählte Formulierung läßt allerdings vermuten, daß der Stadt nur noch die Rolle des Minderheitsgesellschafters zugedacht wäre. Völlig offen bleibt auch, was die Stadt für den Wiedererwerb von Anteilen zahlen müßte. Weder Engie noch der Insolvenzverwalter wollten mitteilen, für welchen Preis die ehemals kommunalen Beteiligungen jetzt den Eigentümer gewechselt haben.

Die Stadt Gera ist derzeit mit 112 Millionen Euro verschuldet. Das Land Thüringen hat ihr deshalb einen zweckgebundenen Kredit von 29,5 Millionen Euro gewährt, damit sie wenigstens die Nahverkehrbetriebe aus der Insolvenzmasse zurückkaufen konnte. Seit Oktober gehören diese wieder der Stadt.

 

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