Februar 2016

160207

ENERGIE-CHRONIK


 


Für die Rinnenkollektoren des solarthermischen Kraftwerks Noor 1 wurden mehr als eine halbe Million Hohlspiegel verbaut. Den damit erzeugten Wüstenstrom benötigt Marokko dringend für den eigenen Bedarf, der jährlich um mehr als sechs Prozent zunimmt und schon jetzt nur mit Importen aus Westeuropa gedeckt werden kann. Er wird also keineswegs nach Westeuropa exportiert, wie das vor drei Jahren die DII-Initiative darzustellen versuchte.
Foto: KfW

Marokko nimmt solarthermisches Kraftwerk in Betrieb

In Marokko ging Anfang Februar das solarthermische Kraftwerk "Noor 1" in Betrieb. Es befindet sich im Süden des Landes bei der Stadt Quarzazate und verfügt über eine Leistung von 160 MW. Die Rinnenkollektoren nehmen eine Fläche von rund 650 Fußballfeldern in Anspruch. Mit 537.000 Spiegeln konzentrieren sie die Sonnenwärme auf Rohre mit einem synthetischen Öl, das sich auf 393 Grad Celsius erhitzt und zur Dampferzeugung für ein konventionelles Kraftwerk dient. Anschließend fließt das Öl mit 293 Grad wieder in in die Rinnenkollektoren zurück. Die erzeugte Wärme kann wahlweise in Flüssigsalztanks gespeichert werden, die dann auch nach Sonnenuntergang eine Stromerzeugung ermöglichen.

Drei weitere Solarkraftwerke unterschiedlichen Typs sollen in den nächsten Jahren folgen


Marokko mußte 2014 einen Netto-Stromverbrauch von 33.530 Gigawattstunden zu 18 Prozent durch Importe decken .

Noor 1 soll in den nächsten Jahren durch drei weitere Anlagen ergänzt werden, wodurch sich die Gesamtleistung auf über 500 MW erhöhen würde. Noor 2 wird ebenfalls die Sonnenwärme mittels Rinnenkollektoren nutzen und etwa 200 MW erbringen. Parallel dazu soll Noor 3 in Angriff genommen werden. Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Turmkraftwerk, bei dem die Spiegel auf einen zentralen Brennpunkt ausgerichtet sind. Der zentrale Wärmeabsorber befindet sich auf einem 200 Meter hohen Turm und erreicht Temperaturen von rund 700 Grad. Dagegen wird Noor 4 keine solarthermische Anlage sein, sondern den Strom mittels Solarzellen auf photovoltaischem Wege erzeugen. "Noor" bedeutet auf arabisch Licht.

Deutschland leistet bei allen vier Projekten Finanzhilfe

Die bundeseigene KfW-Bank unterstützt alle vier Projekte im Auftrag der Bundesregierung und im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI). Zusammen mit anderen internationalen Geldgebern wie der Europäischen Union und der französischen Entwicklungsbank (AFD) beteiligt sie sich an den Investitionskosten von Noor 1 mit 115 Millionen Euro und erbringt so ein Fünftel der Fremdkapitalfinanzierung. Bei Noor 2 und 3 ist die KfW mit 654 Millionen Euro der größte Kreditgeber. Bei Noor 4 wird sie mit bis zu 95 Millionen Euro voraussichtlich der einzige Kreditgeber sein.

Marokko will Abhängigkeit von Stromimporten verringern

Marokko ist seit 1997 mit dem westeuropäischen Verbundsystem gekoppelt (960402) und deckt einen großen Teil seines wachsenden Stromverbrauchs über zwei Seekabel mit einer Kapazität von 1.400 MW, die durch die Straße von Gibraltar verlegt wurden. Die marokkanische Regierung will den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung, der bisher rund 11 Prozent beträgt und aus Wasser- und Windkraft besteht, bis 2020 auf rund 42 Prozent steigern. Nach amtlichen Angaben belief sich 2014 der gesamte Stromverbrauch Marokkos auf 33,53 Terawatt, wovon aber nur 28,82 TWh aus inländischer Erzeugung stammten.

Das Projekt Quarzazate hatte vor drei Jahren von sich reden gemacht, als es von der "Desertec Industrial Initiative" (DII) als Einstieg in die Produktion von nordafrikanischem Wüstenstrom für Westeuropa präsentiert wurde. Dabei handelte es sich aber um eine irreführende Darstellung. Die Wüstenstrom-Initiative DII wollte anscheinend verschleiern, daß ihr Konzept technisch wie politisch von falschen Voraussetzungen ausging. In Wirklichkeit hat Marokko nie daran gedacht, den im eigenen Lande dringend benötigten Strom nach Europa zu exportieren (130707).

Die DII GmbH wurde inzwischen in ein Beratungsunternehmen umgewandelt und hat ihr Büro von München nach Dubai verlegt, "um näher an unserem Zielmarkt zu sein". Gesellschafter sind nur noch RWE, das saudische Energieunternehmen Acwa Power und die chinesischen Firma State Grid. Der frühere Geschäftsführer Paul van Son zeichnet weiterhin als "Managing Director", steht nun aber offenbar direkt auf der Gehaltsliste von RWE.

 

Links (intern)