April 2015

150404

ENERGIE-CHRONIK


Gabriel wehrt sich gegen Kritik aus SPD und Union

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ist wegen der geplanten Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke (150301) unter doppelten Beschuß geraten: Auf der einen Seite wird er heftig von der gewerkschaftlichen Kohle-Lobby kritisiert, die traditionell eng mit der SPD verflochten ist. Andererseits nutzen Unionspolitiker die Chance, um politischen Honig bei diesem Teil der SPD-Klientel zu saugen, indem sie auf Distanz zu Gabriels Vorschlag gehen. Am 25. April mobilisierten die Gewerkschaften IGBCE und Verdi schätzungsweise 15.000 Menschen, die im Berliner Regierungsviertel gegen die Klimaabgabe demonstrierten. "Er war mal einer von uns" hieß es dabei auf einem der Transparente neben einem karikaturenhaft verzerrten Gabriel-Porträt . Zugleich zogen allerdings auch 6.000 Menschen vor den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II im Rheinland, um den Bundeswirtschaftsminister zu unterstützen und vor der CO2-Belastung durch Kohleverstromung zu warnen.

Stadtwerke verlangen "Dekarbonisierung" der Stromerzeugung

Unterstützung bekam Gabriel ferner von 80 Stadtwerken und Regionalversorgern wie HEAG, Mainova und N-ERGIE, die in einem Brief an den Bundeswirtschaftsminister eine weitgehende "Dekarbonisierung" der Stromerzeugung bis zum Jahr 2050 forderten. Dieser Umbau sei dringend erforderlich, "denn derzeit können aufgrund der niedrigen Strommarkt- und CO2-Preise nur abgeschriebene und CO2-intensive Kraftwerke auf Braun- oder Steinkohlebasis wirtschaftlich betrieben werden". Die beabsichtigte Reformierung des Handels mit Emissionszertifikaten, von dem bisher kein Anreiz zur CO2-Einsparung ausgehe, werde weder kurz- noch mittelfristig zu der benötigten Preissteigerung für Emissionsrechte und einer entsprechende Lenkungswirkung führen. Spätestens seit dem im August 2007 von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossenen Energie- und Klimaprogramm (070806), das durch das Energiekonzept der schwarz-roten Bundesregierung vom September 2010 bekräftigt wurde (100902), seien die nationalen CO2-Minderungsvorgaben das Fundament der Energiewende. Somit sei seit nahezu acht Jahren allen Akteuren bekannt, daß es einen Umbau des fossilen Kraftwerksparks geben soll. (siehe Wortlaut)

Gabriel weist CSU-Vorschlag als unsinnig zurück

Gabriel verteidigte sich damit, daß die Klimaabgabe mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besprochen worden sei und lediglich die geltenden Regierungsbeschlüsse zur Erreichung der deutschen Klimaziele bis 2020 ausführe. Es sei nicht sinnvoll, wenn der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Georg Nüßlein (CSU) nun vorschlage, ersatzweise eine entsprechende Menge an Emissionszertifikaten anzukaufen, um die vorgesehene Einsparung von 22 Millionen Tonnen CO2 zu erreichen. Bei dem bestehenden Überangebot von mehr als zwei Milliarden Tonnen CO2-Emissionsrechten würde ein solcher Kauf überhaupt nichts bewirken und die Emissionen "nicht um ein Gramm" senken.

Klimaabgabe soll jetzt zusätzlich vom Börsen-Strompreis abhängig gemacht werden

Um die Wogen zu glätten, schlägt Gabriel jetzt vor, die Höhe der Klimaabgabe nicht nur vom Alter der Kraftwerke, sondern auch von der Preisentwicklung an der Strombörse abhängig zu machen. "Je niedriger der Preis, desto geringer wäre dann die Belastung der Kraftwerksbetreiber", erklärte er in einem Interview mit der FAZ (25.4.). "Damit sollen die Befürchtungen über zu hohe Kosten an der Stelle aus dem Weg geräumt sein." – Zumindest die Stadtwerke werden dieser Argumentation folgen können, denn sie betreiben allenfalls Steinkohlekraftwerke, die meist neueren Datums sind und deshalb von der Klimaabgabe nicht betroffen wären. Durch einen Abbau des Überhangs an längst abgeschriebenen, billig produzierenden Kohlekraftwerken würden dagegen ihre Gaskraftwerke besser ausgelastet.

 

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