Juli 2014

140714

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Für deutsche Großstromverbraucher liegen die reinen Stromkosten (dunkelblau) noch unter dem EU-Durchschnitt. Erst durch Steuern, Abgaben und Umlagen ändert sich das Bild. Diese Preisbestandteile werden aber von Eurostat "systematisch überschätzt", wie die jetzt veröffentlichte Studie feststellt. Sogar die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb widerspiegeln nicht unbedingt die tatsächliche Belastung, da Eurostat die Ermäßigungen bei den Netzentgelten nicht hinreichend zu berücksichtigen scheint. Grundsätzlich beziehen sich alle erfaßten Preisbestandteile nur auf Fremdstrombezug, aber nicht auf die günstigere Eigenversorgung.

Statistische Angaben zu Industriestrompreisen sind mit Vorsicht zu betrachten

Die verbreitete Ansicht, daß die Strompreise für die Industrie in Deutschland im internationalen Vergleich besonders hoch seien, ist in dieser Allgemeinheit wissenschaftlich nicht haltbar. Das ergibt eine Studie, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) erstellt hat. Demnach klaffen die Industriestrompreise für die verschiedenen Branchen stark auseinander. Ein Teil der deutschen Industrie kommt sogar in den Genuß von sehr günstigen Stromkosten. Ein weiterer Kostenvorteil sei die Stabilität der Stromversorgung hierzulande. Zum Beispiel seien in den USA die Ausfallzeiten sechs bis acht Mal so lang wie in Deutschland.

Die am 8. Juli veröffentlichte Studie konzentriert sich auf auf Unternehmen mit einem jährlichen Stromverbrauch von 70 bis 150 GWh. Sie stellt fest, daß die gängigen Statistiken des europäischen Statistikamtes Eurostat die tatsächlichen Industriestrompreise in Deutschland deutlich zu hoch ausweisen. So gehe Eurostat in dem genannten Bereich von einem Durchschnittspreis für Großverbraucher von 10,6 Cent je Kilowattstunde im Jahr 2013 aus (ohne Strom- und Mehrwertsteuer). Tatsächlich hätten stromintensive Betriebe für ihren Strom im Durchschnitt aber nur 4,8 Cent bezahlt – also weniger als die Hälfte des Eurostat-Wertes – , da sie von umfangreichen Ausnahmen und Vergünstigungen bei Steuern, Abgaben und Umlagen profitieren könnten. Eurostat habe insbesondere die durchschnittliche EEG-Umlage mit rund 4 Cent je Kilowattstunde zu hoch angesetzt.

Im laufenden Jahr 2014 werde der genannte Wert von 4,8 Cent unter anderem durch die niedrigen Börsenstrompreise voraussichtlich auf bis zu 4,1 Cent je Kilowattstunde sinken. Zudem würden die Eurostat-Daten nur den Fremdstrombezug abbilden. Der von vielen Abgaben und Umlagen befreite Eigenstrom werde nicht erfaßt. Auch Daten des deutschen Statistikamtes Destatis zu den tatsächlichen Stromkosten unterschiedlicher Branchen würden eine sehr große Bandbreite aufweisen.

Die Studie gelangt ferner zu dem Schluß, daß auch in den USA die Strompreise für die energieintensive Industrie nicht niedriger sind als in Deutschland. Im Durchschnitt zahlten diese Unternehmen in den Vereinigten Staaten 2012 durchschnittlich 5,2 Cent je Kilowattstunde, in Deutschland 4,8 Cent. In den USA unterscheiden sich die Strompreise von Bundesstaat zu Bundesstaat sehr deutlich. Deshalb wählten die FÖS-Wissenschaftler zwei Bundesstaaten aus, die eine ähnliche Industriestruktur haben wie Deutschland: Texas und Pennsylvania. Dort zahlten Industriekunden 3,7 bis 5,4 Cent und 5,7 bis 7,0 Cent je Kilowattstunde. Deutschland könne mit 4,8 Cent also sehr gut mithalten.

 

Europäische Industriestrompreise (Verbrauch 500 bis 2000 MWh/a, 2. Halbjahr 2013)

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Das Statistikamt der EU erfaßt die Industriestrompreise in sieben Verbrauchskategorien, die von unter 20 MWh bis über 150.000 MWh reichen. Diese Grafik zeigt die Eurostat-Werte für einen Jahresverbrauch zwischen 500 und 2000 MWh. Auffallend ist wiederum, daß die reinen Stromkosten (Erzeugung, Transport, Vertrieb) mit 9,05 Ct/kWh unter dem EU-Durchschnitt von 9,31 Ct/kWh liegen. Erst infolge von Steuern und Abgaben übertrifft der Gesamtpreis mit 19,012 Ct/kWh den EU-Durchschnitt von 14,71 Ct/kWh. Aber auch hier ist die tatsächliche Belastung geringer, weil die Eurostat-Daten diverse Ausnahmen und Vergünstigungen bei Steuern, Abgaben und Umlagen nicht berücksichtigen.

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