Mai 2013

130506

ENERGIE-CHRONIK


EU befürchtet mangelnde Wettbewerbsfähigkeit durch hohe Energiepreise

Die EU-Kommission will ihr verunglücktes Konzept für den Energiemarkt, das in ganz Europa anstelle der versprochenen Preissenkungen einen starken Anstieg der Strompreise bewirkte (110203), nun dadurch erfolgreicher machen, daß sie den Binnenmarkt noch mehr nach dem Gusto der großen Energiekonzerne gestaltet. Dies ergibt sich aus den energiepolitischen "Schlußfolgerungen" des Europäischen Rats am 22. Mai in Brüssel sowie einer aus diesem Anlaß verfaßten gemeinsamen Erklärung von acht europäischen Energiekonzernen.

Als Hauptargument dient der Kommission, daß die hohen Strom- und Gaspreise die internationale Konkurrenzfähigkeit der EU-Wirtschaft untergraben würden. Außerdem wird plötzlich entdeckt, daß sogar ein nominell sehr niedriger Haushaltsstrompreis wie in Bulgarien für die Verbraucher eine untragbare Belastung bedeuten und politische Sprengkraft entwickeln kann (130204). Als Ursache des Übels gilt freilich nicht ein grundsätzlich verfehltes Energiemarktkonzept, sondern dessen unzulängliche Ausführung. Der auf Betreiben der Kommission zustande gekommene Ratsbeschluß zielt deshalb auf noch mehr Netzausbau zugunsten des Stromhandels, weniger Priorität für Umweltschutzziele, eine Beschränkung der Erneuerbaren-Förderung auf die rentabelsten Technologien und Standorte oder die Kappung nationaler Steuern und Abgaben auf die Energiepreise.

Neue Leitlinien des Europäischen Rats sollen für Abhilfe sorgen

"Vor dem Hintergrund der derzeitigen Wirtschaftslage müssen wir all unsere politischen Möglichkeiten zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, der Beschäftigung und des Wachstums mobilisieren", heißt es einleitend in den Schlußfolgerungen der Staats- und Regierungschefs (siehe Wortlaut). Der Europäische Rat habe deshalb in vier Bereichen eine Reihe von Leitlinien vereinbart, die es der EU ermöglichen sollen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und auf die Herausforderung hoher Preise und Kosten zu reagieren.

Energiekonzerne beklagen "fehlende langfristige Perspektiven und regulatorische Unsicherheit"

Am Vortag der Sitzung des Europäischen Rats gaben acht EU-Energiekonzerne in Brüssel eine gemeinsame Erklärung zu dem bereits vorliegenden Resolutionsentwurf ab. Es handelte sich um E.ON und RWE (Deutschland), Enel und Eni (Italien), Iberdrola und Gas Natural Fenosa (Spanien), Gasterra (Niederlande) und GDF-Suez (Frankreich). Die Vorstandsvorsitzenden der acht Konzerne unterstrichen "den Ernst der derzeitigen Herausforderungen in der Branche" und schlugen aus ihrer Sicht geeignete politische Maßnahmen vor. Die gegenwärtige Situation sei gekennzeichnet durch "fehlende langfristige Perspektiven und regulatorische Unsicherheit". Dies führe unweigerlich zu ausbleibenden Investitionen im Energiesektor, was sich negativ auf Versorgungssicherheit, Beschäftigung und Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft auswirke. Jeder der acht Unterzeichner habe in den vergangenen Jahren erfahren müssen, "daß die Energiepolitik der EU und einiger Mitgliedsstaaten nicht in vollem Umfang den erwarteten Fortschritt gebracht hat". Infolge einer "Verkettung unglücklicher Umstände" seien sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft gefährdet. Hinzu würden neue Investitionen verhindert.

Am neoliberalen Grundkurs der EU-Energiepolitik wollen die Konzerne aber ebensowenig wie die Kommission rütteln lassen. Sie halten "uneingeschränkt an der Liberalisierung der Energiemärkte fest" und loben die Kommission für ihre bisherigen Anstrengungen auf diesem Gebiet. Sie sind "sehr darüber erfreut, daß die Staats- und Regierungschefs nunmehr eine Bestandsaufnahme der kritischen Lage des Energiesektors vornehmen". In Anlehnung an die vier Bereiche, die in dem Ratspapier genannt sind, formulieren sie ihrerseits folgende vier Forderungen:

 

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