August 2012

120805

ENERGIE-CHRONIK


Offshore-Haftung der Verbraucher wird auf 0,25 Cent/kWh begrenzt

Das Bundeskabinett hat am 29. August den angekündigten Entwurf eines Gesetzes verabschiedet, das die Stromverbraucher für Verzögerungen oder längere Unterbrechungen der Netzanbindung von Offshore-Windkraftanlagen haftbar machen wird (120702). Das "Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften" umfaßt insgesamt sieben Artikel, mit denen das Energiewirtschaftsgesetz und andere rechtliche Vorgaben entsprechend geändert werden. Gegenüber den bereits veröffentlichten Eckpunkten besteht die einzige wesentliche Änderung darin, daß die von den Verbrauchern zu zahlende Entschädigung der Windkraftanlagenbetreiber auf 0,25 Cent pro Kilowattstunde begrenzt wird. Das ist auf das Veto der Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) zurückzuführen, die sich nicht vorwerfen lassen wollte, in ihrem Amt schmählich versagt zu haben. Außerdem wird nun die Umlage bis zu einem Letztverbrauch von einer Gigawattstunde gleichmäßig umgelegt. Nur für den darüber hinausgehenden Verbrauch wird sie auf 0,05 Cent/kWh reduziert. Ursprünglich sollten größere Verbraucher bereits ab 100.000 Kilowatt in den Genuß einer Ermäßigung kommen.

Schon für die Verzögerungen, die sich bisher abzeichnen, rechnet die Bundesregierung mit Entschädigungen in Höhe von einer Milliarde Euro. Formal sind die Übertragungsnetzbetreiber zur Zahlung verpflichtet. Da sie aber die Kosten über die Netzentgelte auf den Strompreis weiterwälzen dürfen, werden letztendlich die Stromverbraucher für den nicht rechtzeitigen Anschluß oder längere Unterbrechungen der Netzanbindung von Offshore-Windkraftanlagen haftbar gemacht. Die Deckelung bei 0,25 Cent/kWh begrenzt die Belastung für den Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowatt auf 8,75 Euro jährlich. Entsprechend hätte ein Gewerbebetrieb mit einem Verbrauch von 100.00 Kilowattstunden mit 250 Euro Mehrkosten zu rechnen. Wenn die Kosten höher sind als die maximal zulässige Umlage, sollen sie ins folgende Jahr vorgetragen werden.

Zehn neue Paragraphen ändern bisherige Offshore-Regelung im Energiewirtschaftsgesetz

Das Artikelgesetz ändert vor allem die Bestimmungen zum Netzanschluß im Energiewirtschaftsgesetz. Die bisherigen Offshore-Regelungen in den Absätzen 2a und 2b des § 17 EnWG entfallen. Stattdessen werden dem Gesetz an dieser Stelle insgesamt zehn neue Paragraphen eingefügt (17a bis 17j). Sie verpflichten die Übertragungsnetzbetreiber, jährlich einen Offshore-Netzentwicklungsplan vorzusehen, der die notwendigen Maßnahmen für einen effizienten, sicheren, zuverlässigen und wirtschaftlichen Anschluß der Anlagen einschließlich eines Zeitplans für die Umsetzung enthält. Der Offshore-Netzentwicklungsplan soll von der Bundesnetzagentur geprüft und genehmigt werden und wie der normale, nach § 12b EnWG zu erstellende Netzentwicklungsplan die Grundlage für den "Bundesbedarfsplan" nach § 12e EnWG bilden.

Die Übertragungsnetzbetreiber werden ferner verpflichtet, die im Offshore-Netzentwicklungsplan enthaltenen Ausbaumaßnahmen entsprechend dem vorgesehenen Zeitplan umzusetzen. Der bisherige individuelle Anspruch auf Netzanbindung für Offshore-Anlagen entfällt. An seine Stelle tritt der Anspruch auf die im Rahmen des Offshore-Netzentwicklungsplans zugeteilte Anbindungs-Kapazität. Der Zeitpunkt der Fertigstellung der Anbindungsleitung ist den Offshore-Anlagenbetreibern frühzeitig nach Durchführung des Vergabeverfahrens mitzuteilen und kann 30 Monate vor Eintritt der voraussichtlichen Fertigstellung nicht mehr geändert werden. Soweit Offshore-Anlagen die zugewiesene Anbindungskapazität nicht nutzen können, weil sie selbst im Bau verzögert sind, soll die Anbindungskapazität anderen Offshore-Anlagen zur Verfügung gestellt werden können.

Netzbetreiber müssen auch bei Fahrlässigkeit höchstens 20 Prozent der Entschädigungssumme selber tragen

Und hier setzt dann die neue Haftungsregelung ein: Falls sich die Errichtung der Anbindungsleitung verzögert oder Betriebsstörungen auftreten, können betriebsbereite Offshore-Anlagen von dem anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber eine Entschädigung für entgangene Einspeisungsvergütungen verlangen. Der Übertragungsnetzbetreiber darf seinerseits die Kosten dieser Entschädigung – abhängig vom eigenen Verschuldensgrad – über die Netzkosten auf die Strompreise abwälzen. Bei Fahrlässigkeit hat er pro Kalenderjahr einen bestimmten Anteil der Entschädigungssumme selber zu tragen. Bei Schäden bis 200 Millionen Euro sind das 20 Prozent. Für darüber hinausgehende Schäden sinkt der Selbstbehalt bis 400 Millionen Euro auf 15 Prozent, von 400 bis 600 Millionen Euro auf 10 Prozent und von 600 bis 800 Millionen Euro auf 5 Prozent. Soweit die Entschädigungszahlungen höher als 800 Millionen Euro sind, darf sie der Übertragungsnetzbetreiber vollständig abwälzen. Ebenso alle Entschädigungen für Schäden, die nicht von ihm verschuldet wurden. Nur bei Vorsatz ist eine Kostenwälzung ausgeschlossen.

Die Entschädigung beträgt 90 Prozent der EEG-Vergütung, die die betriebsbereiten Offshore-Umlagen voraussichtlich erhalten hätten, falls sie am Netz gewesen wären. Bei absoluter Windstille kann sie also nicht beansprucht werden.

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