Oktober 2011

111009

ENERGIE-CHRONIK


Energieversorger fühlen sich von schärferer Überwachung der Finanzmärkte nicht betroffen

Die Europäische Kommission schlug am 20. Oktober eine Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) vor, die auch die Energiewirtschaft tangiert. Das vorgeschlagene Legislativpaket besteht aus einer Richtlinie und einer Verordnung. Es soll die Finanzmärkte effizienter, widerstandsfähiger und transparenter machen. Die Aufsichtsbehörden können bestimmte Produkte, Dienstleistungen oder Praktiken verbieten, wenn eine Gefahr für den Anlegerschutz, die Finanzstabilität oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte besteht. Des weiteren ist eine strengere Überwachung der Warenderivatemärkte geplant. Der Handel mit Emissionszertifikaten soll künftig als Finanzinstrument gelten, um der Kriminalität auf diesem Gebiet (110412, 100411) besser Herr zu werden. Deutsche Energieversorger hatten befürchtet, daß künftig auch der Handel mit Strom und Gas der Finanzmarktregulierung unterliegen solle, und zeigten sich erleichtert darüber, daß dies nicht der Fall sein werde. Viele Einzelheiten der geplanten Regelungen sind bisher aber offenbar nur der Lobby bekannt.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte die "klare Trennung zwischen dem Warenhandel und dem Handel mit Finanzmarktprodukten", wie sie nun von der EU-Kommission beschlossen worden sei. Er betrachte es "als positives Signal, daß die Kommission die geltenden Rahmenbedingungen für langfristige Lieferverträge beibehalten möchte, und diese nicht, wie ebenfalls diskutiert, als Finanzmarktprodukte definiert hat". Allerdings müßten seiner Ansicht nach auch die bestehenden Regeln für Emissionszertifikate bestehen bleiben.

Der Chef des Stadtwerke-Konzerns Thüga, Ewald Woste, zeigte sich ebenfalls erleichtert. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" (19.10.) hatte er noch kurz zuvor kritisiert, daß die geplante Finanzrichtlinie die Stadtwerke zwingen werde, deutlich mehr Eigenkapital vorzuhalten, um den Handel mit Energie- und CO2-Zertifikaten abzusichern. Stadtwerke dürften jedoch nicht mit systemrelevanten Banken verglichen werden. Die Neuregelung schieße weit über das Ziel hinaus, einer erneuten globalen Finanzkrise entgegenzuwirken.

An dem nun bekannt gewordenen Vorschlag bemängelte Woste ebenfalls, daß der Kauf und Verkauf von CO2-Zertifikaten künftig als Finanzdienstleistung eingestuft werden soll. Indessen seien Stadtwerke davon nicht betroffen, da die Regulierung nur dann greife, wenn der Handel mit Zertifikaten die Haupttätigkeit eines Unternehmens ist. Für eine generelle Entwarnung sei es allerdings zu früh: "'Bei der Umsetzung des Entwurfs aus Brüssel kommt es jetzt auf die klare Ausgestaltung an, damit nicht auf den letzten Schritten noch Fehler passieren."

Terminmarkt der EEX besteht fast nur aus Finanzinstrumenten

In der Mitteilung der Kommission wird nur pauschal auf die geplanten neuen Regelungen eingegangen und nicht einmal die Einbeziehung des Emissionshandels in die Finanzmarktregulierung erwähnt. Vorläufig bleibt deshalb unklar, ob die Kommission tatsächlich darauf verzichten will, den Handel mit Energie von einer strengeren Überwachung der Warenderivatemärkte auszunehmen. Einen vernünftigen Grund gäbe es dafür nicht: Wenn ein Termingeschäft über die Lieferung von Strom oder Gas nicht auf physische Erfüllung angelegt ist, handelt es sich logischerweise um ein Finanzinstrument. Der Terminmarkt an der EEX besteht aber fast nur aus solchen Finanzinstrumenten, mit denen das Risiko von Preisschwankungen begrenzt und auch kräftig spekuliert werden kann. Solche reinen Finanzgeschäfte mit Energie-Derivaten werden auch nicht von der neuen Verordnung erfaßt, mit der die Kommission den Insiderhandel und die Preismanipulation an den Energiemärkten unterbinden möchte (110903).

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