Dezember 2010

101205

ENERGIE-CHRONIK


EU will Preismanipulationen an Energiebörsen verhindern

Die neue europäische Regulierungsbehörde (091212) soll auch umfassende Vollmachten erhalten, um das Geschehen an den Energiebörsen kontrollieren und Preismanipulationen verhindern zu können. Dies sieht eine Verordnung vor, die von der EU-Kommission am 8. Dezember vorgeschlagen wurde (siehe Wortlaut). Die Verordnung wird, sofern der Rat und das Europäische Parlament ihr zustimmen, voraussichtlich erst 2012 in Kraft treten.

Die neuen Regeln sollen zum einen sicherstellen, daß Händler keine Insider-Informationen verwenden können, um daraus Nutzen für die eigenen Transaktionen zu ziehen. Zum anderen soll es künftig unmöglich werden, durch Marktmanipulation die Preise für Strom und Gas höher zu treiben, als aufgrund der tatsächlichen Kapazitäten und Kosten zur Erzeugung, zum Transport oder zur Speicherung von Energie gerechtfertigt wäre.

Agentur in Ljubljana übernimmt die Marktaufsicht

Laut Artikel 1 gilt die Verordnung für jeden "Handel mit Energiegroßhandelsprodukten", soweit es sich nicht um reine Finanzinstrumente (Derivate) handelt, die bereits anderen Vorschriften unterliegen. In Artikel 2 werden dann die beiden Begriffe "Insider-Information" und "Marktmanipulation" definiert. Artikel 3 enthält das Verbot des Insider-Handels sowie die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Insider-Informationen. Artikel 4 untersagt die Marktmanipulation.

Artikel 6 überträgt die Zuständigkeit für die Marktüberwachung und Aufdeckung möglicher Mißbrauchsfälle der Europäischen Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER), die in Kürze in der slowenischen Hauptstadt in Ljubljana ihre Tätigkeit aufnimmt (091212). Diese neue europäische Regulierungsbehörde – im Text des Entwurfs ist von ihr lediglich als "Agentur" die Rede - wird bevollmächtigt, "Aufzeichnungen der Transaktionen am Energiegroßhandelsmarkt einschließlich der Kauf- bzw. Verkaufsaufträge" zu verlangen. Einzelheiten der Auskunftspflicht sollen später durch die EU-Kommission geregelt werden.

Ergebnis eines jahrelangen Konsultationsverfahrens

Angekündigt, vorgelegt und begründet wurde der Verordnungsentwurf von Günther Oettinger, der seit Februar 2010 in Brüssel als Energiekommissar amtiert. Es wäre indessen falsch, Oettinger für den Initiator oder auch nur für einen der Protagonisten des Entwurfs zu halten, zumal der neue Kommissar bisher nicht gerade durch Sachkenntnis auffiel (101104). Treibende Kraft hinter der Verordnung ist vielmehr die EU-Generaldirektion Energie (ENER), die aus der vormaligen Generaldirektion Verkehr und Energie (TREN) hervorging und seit Februar 2010 als eigenständige Dienststelle fungiert (100209). Der nun vorgelegte Text ist das Ergebnis eines jahrelangen Konsultationsverfahrens, an dem neben anderen Beteiligten vor allem die Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden für Elektrizität und Erdgas (ERGEG) mitwirkte.

Stromwirtschaft sieht Argument, um die "Markttransparenzstelle" zu verhindern

Nach Ansicht der deutschen Stromwirtschaft erübrigt sich durch die geplante europäische Verordnung die Einrichtung einer "Markttransparenzstelle", wie sie die jetzige Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart hat (091003) und gemäß ihrem seit zwei Monaten vorliegenden "Energiekonzept" beim Bundeskartellamt ansiedeln will (100903). Die Verordnung könne "zu einem verbesserten und fairen Wettbewerb im europäischen Energiehandel beitragen", erklärte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am 8. Dezember. Es müsse jedoch "alles dafür getan werden, Doppelregulierungen zu vermeiden, die für die Unternehmen zu unnötiger Bürokratie führen würden".

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