Juni 2010

100614

ENERGIE-CHRONIK


Lagerschäden bei Offshore-Windkraftanlagen von Multibrid


An einer M5000 wird der Rotor montiert. Das Foto entstand vor einem Jahr. Nun muß bei mindestens zwei Anlagen die Gondel samt Rotor wieder ab- und aufmontiert werden, um die Lagerschäden beheben zu können.
Pressefoto DOTI

Schon kurz nach der offiziellen Eröffnung des Testwindparks "alpha ventus" in der Nordsee (100413) traten bei zwei der zwölf installierten Windkraftanlagen Schäden auf. Sie mußten deshalb abgeschaltet werden. Es handelt sich um Anlagen des Typs M5000. Nach Angaben des Herstellers Multibrid hatte der Lieferant für die Gleitlager des Getriebes ein anderes Material verwendet als beim Prototyp. Die Aluminium-Zink-Legierung des Lagers habe sich deshalb durch Erwärmung stärker ausgedehnt als zulässig ist. Dies bewirke wiederum einen erhöhten Verschleiß der Gleitlager. Es liegt jedoch kein Getriebeschaden vor. Die Konstruktion der M5000 habe sich grundsätzlich bewährt. Die Mängel würden in Abstimmung mit dem Kunden und dem Getriebelieferanten möglichst schnell beseitigt. Zur Durchführung der Reparatur werde man allerdings die Gondeln samt Rotor abmontieren müssen. Ob bei den vier anderen Windkraftanlagen des Typs M5000 dieselbe Prozedur erforderlich ist, werde noch geprüft. Bisher liefen diese einwandfrei.

Repower nutzt die Panne zur Politur des eigenen Images

Im Windpark "alpa ventus" testen die Stromkonzerne E.ON, Vattenfall und EWE jeweils sechs Offshore-Windkraftanlagen der Hersteller Multibrid und Repower, die über dieselbe Nennleistung von 5 MW verfügen, sich aber in der technischen Ausführung unterscheiden (091111). Der Konkurrent Repower nutzte die Panne bei Multibrid, um das eigene Image zu polieren: Bei den sechs Windkraftanlagen vom Typ Repower 5M seien bisher keine Störungen aufgetreten, ließ er am 15. Juni verlauten. Mehrere Anlagen hätten den Probebetrieb bereits vollständig absolviert. Im belgischen Offshore-Windpark Thornton Bank hätten die dort eingesetzten Anlagen des Typs Repower 5M sogar seit sechs Monaten kontinuierlich eine Verfügbarkeit von über 97 Prozent erreicht.

Multibrid bezifferte die Verfügbarkeit seine Offshore-Anlagen im Testfeld "alpha ventus" ebenfalls mit 97 Prozent, ehe es zu den Lagerschäden kam. Zur künftigen Vermeidung solcher Pannen bewiligte der Mutterkonzern Areva der in Bremerhaven ansässigen Tochter Multibrid das Geld für einen Teststand, auf dem die Betriebsbedingungen der Windturbinen simuliert werden können.

Multibrid hat bereits 120 Bestellungen in Aussicht


Zur neuen "Areva Wind" gehört neben Multibrid auch der Rotorblatt-Hersteller PN Rotor in Stade.
Pressefoto DOTI

Multibrid hat für die Anlagen des Typs M5000 bereits 80 Bestellungen vorliegen: Sie sollen im Windpark Global Tech 1 eingesetzt werden, der in 90 Kilometer Entfernung von der Küste in der Nordsee entsteht und im Rahmen des EU-Investitionsprogramms für Energieprojekte mit 59 Millionen Euro unterstützt wird (090503). Die Lieferung ist für die Jahre 2011 und 2012 vorgesehen. Als Vertragspartner fungiert die Wetfeet Offshore Windenergy GmbH, an der die kommunalen Energieversorger HSE und Stadtwerke München (jeweils 24,9 Prozent) und die schweizerische EGL (24,1 Prozent) beteiligt sind. Der Ende März 2009 abgeschlossene Vorvertrag sollte nach Inkrafttreten der endgültigen Vereinbarungen einen Auftragswert von 700 Millionen Euro haben.

Weitere vierzig Anlagen vom Typ M5000 ließ sich im September 2009 die Stadtwerke-Kooperation Trianel reservieren. Sie sollen im Windpark Borkum West II installiert werden, der in der Nachbarschaft von "alpha ventus" entsteht.

Areva übernimmt jetzt Multibrid komplett und macht daraus die Tochter "Areva Wind"

Die französische Atomholding Areva, der seit zweieinhalb Jahren 51 Prozent von Multibrid gehören (070910), gab am 31. Mai bekannt, daß sie nun auch die restlichen 49 Prozent übernehmen werde. Bisher wurden diese noch von der Prokon Nord Energiesysteme GmbH gehalten, die im Juni 2007 auch den Auftrag für die Lieferung der sechs M5000 für das Testfeld "alpha ventus" bekam. Die nunmehr hundertprozentige Tochter mit Sitz in Bremerhaven wird fortan "Areva Wind" heißen und auch den in Stade ansässigen Rotorhersteller PN Rotor umfassen. Die PN Rotor stellt auf dem Gelände des ehemaligen Aluminiumwerks der Norsk Hydro (050602) die Rotorblätter für die M5000 her. Sie wurde für diesen Zweck 2007 von Prokon Nord gegründet und im September 2009 an Areva verkauft.

"Kein Zusammenhang mit den technischen Problemen"

Auf Anfrage erklärte Multibrid, daß die Komplettübernahme der Firma durch Areva nur zufällig zeitgleich mit den Problemen im Testfeld "alpha ventus" erfolgt sei. Sie werde aber sicher dazu beitragen, das Vertrauensverhältnis zu den Kunden zu festigen, die man sogleich über die Panne informiert habe. Ähnlich äußerte sich der Chef von "Areva Renouvelables", Anil Srivastava: Mit der Übernahme der restlichen Prokon-Anteile bekunde Areva seine Entschlossenheit, eine "größere Rolle" bei der Entwicklung von Offshore-Anlagen zu spielen und "dauerhafte Beziehungen mit seinen Kunden herzustellen".

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