Juli 2009

090706

ENERGIE-CHRONIK


Berlusconi setzt Wiedereinstieg in die Kernenergie durch

Das italienische Parlament billigte ein Gesetzespaket, das unter dem Titel "Anordnungen zur Entwicklung und Internationalisierung der Unternehmen sowie auf dem Energiegebiet" die Rückkehr zur Kernenergie ermöglicht. Am 9. Juli stimmte nach der Abgeordnetenkammer auch der Senat der Vorlage zu. Die Opposition beteiligte sich nicht an der Abstimmung, deren Ergebnis nach den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen absehbar war, sondern verließ aus Protest den Sitzungssaal.

Das Gesetz kam vor allem auf Betreiben des amtierenden Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zustande, der mit seiner demagogischen rechten Sammlungsbewegung "Popolo della Libertà" und der verbündeten "Lega Nord" seit April 2008 das Parlament beherrscht. Die Berlusconi-Regierung will in den nächsten Monaten Beschlüsse zu weiteren Fragen fassen, die mögliche Standorte und Typen von Kernkraftwerken, die Entsorgung des Nuklearmülls und die propagandistische Beeinflussung der Bevölkerung betreffen. Aus einzelnen Regionen sei bereits Zustimmung für Atomkraftwerke signalisiert worden, behauptete der zuständige Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Claudio Scajola. Als mögliche Standorte nannten Zeitungen Venetien und Sizilien.

Italien verfügte bis zur Katastrophe von Tschernobyl über drei kleinere Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1340 MW, die dann aber aufgrund einer 1987 durchgeführten Volksabstimmung abgeschaltet wurden. Der Bau eines vierten Kernkraftwerks wurde nicht mehr zu Ende geführt und die Errichtung neuer Anlagen bis auf weiteres nicht gestattet. Dies hinderte den Staatskonzern Enel allerdings schon bisher nicht daran, sich im Ausland an der Atomstromerzeugung zu beteiligen (050203). Außerdem begegnete er dem chronischen Energiemangel Italiens, der wiederholt zu landesweiten Stromausfällen führte (030901), hauptsächlich mit Atomstrom-Importen aus Frankreich. Ende 2007 vereinbarte Enel mit dem französischen Atomstromproduzenten EDF eine direkte Beteiligung am ersten EPR-Reaktor in Flamanville und sicherte sich die Option auf Beteiligungen an fünf weiteren EPR-Reaktoren (071207).

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