November 2008

081106

ENERGIE-CHRONIK


E.ON darf sich nicht an Stadtwerken beteiligen

In einem fünf Jahre dauernden Rechtsstreit hat der Bundesgerichtshof am 11. November entschieden, daß das Bundeskartellamt berechtigt war, der E.ON-Tochter EAM (heute E.ON Mitte) den Erwerb einer 30-prozentigen Beteiligung an den Stadtwerken Eschwege zu untersagen (030911). Mit seinem Beschluß bestätigte der Kartellsenat eine erstinstanzliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Juni 2007.

Wie die Vorinstanz begründete der Bundesgerichtshof seine Entscheidung damit, daß der deutsche Strommarkt faktisch von einem Duopol aus E.ON und RWE beherrscht wird. Zwischen den beiden Marktführern bestehe kein nennenswerter Wettbewerb. Auch die übrigen stromerzeugenden Unternehmen, darunter Vattenfall und EnBW, seien nicht in der Lage, einen hinreichenden Wettbewerbsdruck gegen die Marktführer aufzubauen.

Diese marktbeherrschende Stellung von E.ON und RWE würde verstärkt, wenn sich E.ON - wie geplant - an den Stadtwerken Eschwege beteiligte. Es gehöre zur Geschäftsstrategie der Marktführer, an zahlreichen Stadtwerken oder sonstigen Stromversorgern Minderheitsbeteiligungen zu erwerben, um auf diese Weise ihre Absatzgebiete zu sichern. Bereits jetzt hätten E.ON und RWE Anteile an insgesamt 204 stromverteilenden Unternehmen. Zusätzliche Beteiligungen würden den Wettbewerb weiter einschränken. (Aktenzeichen KVR 60/07)

Bernotat bestätigt erstmals Verkaufsabsichten für die Thüga

E.ON-Chef Wulf Bernotat bestätigte am 12. November erstmals Berichte, wonach er die Konzerntochter Thüga verkaufen will, die rund 120 Beteiligungen an lokalen Strom- und Gasversorgern hält (080202). Das am Vortag veröffentlichte Eschwege-Urteil des Bundesgerichtshofs zeige, daß die Wachstumschancen für Thüga im E.ON-Konzern aus kartellrechtlichen Gründen beschränkt seien, sagte er in einer Telefonkonferenz zum Konzernzwischenbericht. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

Wie das "Handelsblatt" (14.11.) aus Konzernkreisen erfuhr, käme aus praktischen Gründen eigentlich nur ein Komplettverkauf der Thüga in Frage. Dann könnte nämlich nur eine Handvoll Kommunen Rechte gegenüber dem neuen Eigentümer geltend machen. Dagegen hätten beim stückweisen Verkauf der Thüga-Beteiligungen fast alle kommunalen Partner ein Vorkaufsrecht oder müßten zumindest zustimmen.

Stadtwerke werfen nicht mehr so viel ab wie früher

Vermutlich sind es nicht so sehr die mangelnden Wachstumschancen, die E.ON an einen Verkauf der Thüga denken lassen. Das jetzige Urteil des Bundesgerichtshofs schafft keine neue Situation, denn mit dem Einspruch des Bundeskartellamts muß der Konzern bei Stadtwerke-Beteiligungen schon lange rechnen. Was den Glanz der früheren "Perle" Thüga eher trüben dürfte, sind die zurückgehenden Erträge aus den Stadtwerke-Beteiligungen, denn seit dem Wirksamwerden der Netzregulierung sprudeln bei den Verteilnetzbetreibern die Gewinne nicht mehr wie früher. Die bevorstehende Anreizregulierung könnte die Gewinnmargen noch geringer werden lassen. Allerdings ist der Einfluß auf die Wahl des Vorlieferanten, den die Thüga-Beteiligungen an den Stadtwerken sichern, auch nicht zu verachten. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob und wie E.ON seine Verkaufsabsichten tatsächlich realisiert.

MVV und Rheinenergie wären an Übernahme interessiert

Als Interessent für die Thüga gelten vor allem die beiden Kommunalkonzerne MVV Energie und Rheinenergie, die bereits eine strategische Partnerschaft eingegangen sind (070509) und weitere Unternehmen aus der Arbeitsgruppe der "8KU" (070408) ins Boot holen wollen. Wie beim angekündigten Verkauf der Netze dürften aber auch sogenannte institutionelle Anleger ihr Interesse an der Thüga bekunden. Nach dem Platzen der Finanzblase neigen diese verstärkt zu Investitionen in Bereiche der Realwirtschaft, in denen die Renditen etwas weniger üppig, dafür aber zuverlässig fließen.

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