November 2004

041110

ENERGIE-CHRONIK


"Geheime Atomexperimente" sollen für Leukämie-Häufung verantwortlich sein

Die Häufung von Leukämieerkrankungen um das Kernkraftwerk Krümmel sei wahrscheinlich auf geheime Atomexperimente zurückzuführen, die in den achtziger Jahren im benachbarten Kernforschungszentrum GKSS stattgefunden hätten. Die schleswig-holsteinische Landesregierung versuche dies jedoch verschleiern und behindere die Aufklärungsarbeit der von ihr berufenen Kommission. Mit dieser Begründung erklärten sechs von acht Mitgliedern der Kommission, die vor über zwölf Jahren zur Untersuchung der Leukämiefälle in der Elbmarsch eingesetzt worden war (920208), am 1. November ihren Rücktritt.

Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" (3.11.) sagte der Strahlenmediziner Edmund Lengfelder, die Kommission habe in der Umgebung der GKSS millimetergroße Keramikkügelchen gefunden, die Kernbrennstoffe enthielten. Sie könnten dazu verwendet worden sein, miniaturisierte Atombomben herzustellen, die mit Lasern gezündet werden und deren Sprengkraft etwa 500 bis 1000 Kilo TNT entspricht. Die Kügelchen seien offenbar bei einem Brand 19986 freigesetzt und in der Landschaft verstreut worden.

Allerdings kann Lengfelder für seine Behauptungen und Mutmaßungen keine Beweise und plausiblen Indizien vorlegen. Die Strahlenschutzkommission bewertete die von ihm vorgenommenen Messungen an den Kügelchen schon im Februar 2003 als "wissenschaftlich nicht nachvollziehbar".

Bereits vor 14 Jahren hatte Lengfelder in ähnlicher Weise das Kernkraftwerk Krümmel verdächtigt, für die Leukämiefälle verantwortlich zu sein. Damals glaubte er aus der Schwärzung der Jahresringe von Baumscheiben schließen zu können, daß in Krümmel ein größerer Störfall vertuscht worden sei, durch den in den Jahren 1986 bis 1988 erhebliche Mengen Radioaktivität freigesetzt worden seien (921114). Auch die Verdächtigung der GKSS ist nicht neu (siehe 920105). Das Darmstädter Öko-Institut hatte deshalb 1996 das Forschungszentrum untersucht und die Möglichkeit einer unerkannt gebliebenen radioaktiven Verstrahlung der Umwelt ausdrücklich verneint (961116).