November 2002

021101

ENERGIE-CHRONIK


EU öffnet Märkte für Strom und Gas bis 2007 vollständig

Die europäischen Märkte für Strom und Gas werden bis 1. Juli 2007 vollständig geöffnet. Bereits bis zum 1. Juli 2004 haben gewerbliche Kunden in allen EU-Ländern die Möglichkeit, ihre Strom- und Gaslieferanten frei zu wählen. Dies beschlossen am 25. November 2002 die Energieminister der Europäischen Union auf einer Ratstagung in Brüssel. Sie präzisierten damit die seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre geltenden EU-Richtlinien für den Strom-Binnenmarkt (960601) und den Gas-Binnenmarkt (971202). Diese schrieben bisher zwar eine stufenweise Öffnung der Märkte für gewerbliche Kunden bis zu 33 Prozent vor, ließen aber den Zeitpunkt der völligen Liberalisierung offen.

Die Brüsseler Kommission hatte schon im März 2001 eine Beschleunigung der Liberalisierung gefordert (010301). Sie wollte die Öffnung für gewerbliche Kunden bis Anfang 2003 und für Haushaltskunden bis Anfang 2005 erreichen. Wegen des Widerstands Frankreichs hatten die Staats- und Regierungschefs diese Pläne aber vorerst auf Eis gelegt. Ein Jahr später kamen sie überein, den Markt für Strom und Gas ab 2004 für alle gewerblichen Kunden freizugeben (020301). Inzwischen konnte der Widerstand Frankreichs auch auf dem Sektor der Haushaltskunden überwunden werden.

Netz und Vertrieb müssen auch rechtlich getrennt werden

Ferner vereinbarten die Energieminister, daß bis 2007 Netzbetreiber und Stromlieferanten rechtlich entflochten werden ("legal unbundling"), wie dies die EU-Kommission schon im März 2001 gefordert hatte. Bisher genügte die buchhalterische Trennung des Netz- und Vertriebsbereichs. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind kleine Unternehmen, die weniger als 100.000 Haushalte versorgen. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums sind damit in Deutschland die meisten Stadtwerke und - rein zahlenmäßig - die Hälfte der Unternehmen nicht vom "legal unbundling" betroffen.

Deutschland setzte Ausnahmeregelung durch

Für die größeren Unternehmen setzte Deutschland eine Ausnahmeregelung durch: Sofern ein Mitgliedsland bis 2007 nachweist, daß die Transparenz des Marktes und der diskriminierungsfreie Zugang zu den Netzen auch ohne die rechtliche Trennung von Netz und Vertrieb gewährleistet sind, kann es auf seinen Antrag hin vom "legal unbundling" befreit werden. Bei Anerkennung dieses Nachweises könnte auch der in Deutschland beschrittene Weg der Verbändevereinbarungen, die das Prozedere der Netznutzung für Strom (011203) und Gas (020406) bisher auf freiwilliger Basis regeln, über das Jahr 2007 hinaus Bestand haben.

Quersubventionierung soll unterbunden werden

Mit der rechtlichen Entflechtung will die EU vor allem Quersubventionierungen entgegenwirken. Bisher ist es vertikal integrierten Stromversorger möglich, ihre Netzkosten überhöht anzusetzen und dadurch fremde Netznutzer zu diskriminieren, während die überhöhten Kosten für den eigenen Stromvertrieb innerhalb des Konzerns durch die Mehreinnahmen beim Netzbetrieb ausgeglichen werden. Künftig sollen die Betreiber von Strom- und Gasnetzen hinsichtlich Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt unabhängig von Teilbereichen sein, die nicht mit dem Übertragungs- und Verteilnetz zu tun haben. Die Entflechtung geht jedoch nicht so weit, daß vertikal integrierte Unternehmen sich vom Eigentum an den Netzen trennen müssen. Sie können Eigentümer der Netze bleiben, wenn sie diese beispielsweise an die rechtlich selbständigen Netzbetreibergesellschaften verpachten.

Herkunftsnachweis für Strom

Die Richtlinie zur Stromkennzeichnung (PDF-Datei) präzisierten die Energieminister dahingehend, daß die Stromversorger nur die CO2-Emissionen und die radioaktiven Abfälle deklarieren müssen, die sich aus den von ihnen genutzten Energieträgern ergeben. Es genügt, wenn der Stromlieferant den Anteil der einzelnen Energiequellen am Gesamt-Mix angibt, den er im vergangenen Jahr verwendet hat.

 

Link (extern, ohne Gewähr)