Oktober 2002

021006

ENERGIE-CHRONIK


RWE kauft Warschauer Stromversorger

Vertreter der RWE Plus AG und der polnischen Regierung unterzeichneten am 15. Oktober den Kaufvertrag über 85 Prozent der Anteile am polnischen Stromversorger STOEN S.A., der in der Hauptstadt Warschau mehr als 780.000 Endkunden beliefert. Es handelt sich um die bisherigen Staatsanteile an dem Unternehmen. Die restlichen 15 Prozent gehören den 1700 Beschäftigten. RWE soll ihnen zugesichert haben, diese Anteile binnen zwei Jahren ebenfalls zu übernehmen. Mitbewerber um die Privatisierung von STOEN waren Electrabel und Electricité de France (Handelsblatt, 14.10.)

Dem Vernehmen nach beträgt der Kaufpreis für die bisherigen Staatsanteile rund 1,6 Milliarden Sloty (393 Millionen Euro). Hinzu komme eine Privatisierungsprämie von 14.000 Sloty (3440 Euro) pro Kopf der Beschäftigten und eine sechsjährige Beschäftigungsgarantie.

Der Verkauf stieß in nationalistischen Kreisen Polens auf heftige Kritik. Aus Protest blockierte ein Abgeordneter zwei Tage lang das Rednerpult und lähmte damit die Arbeit des Parlaments. Er sprach von "Landesverrat" und warf der Regierung vor: "Ihr habt das Hetz der polnischen Energiewirtschaft verkauft!" (Handelsblatt, 21.10.)

E.ON kam noch nicht zum Zuge

Verhandlungen über den Einstieg von E.ON bei acht großen Stromverteilern in Nord- und Zentralpolen - der sogeannten G-8-Gruppe - sind am 10. September ergebnislos abgebrochen worden. E.ON hatte der polnischen Regierung zunächst 1,2 Milliarden Euro für 60 Prozent der Anteile geboten. Die Verhandlungen scheiterten, weil E.ON nachträglich verlangte, eine neu eingeführte Stromsteuer von umgerechnet knapp fünf Euro pro Megawattstunde auf den Verkaufspreis anzurechnen. Die G-8-Gruppe versorgt rund 2,6 Millionen Kunden mit Strom.

Polnischen Medien zufolge hat E.ON inzwischen ein neues Angebot unterbreitet und will sich die G-8-Gruppe mit der belgischen Electrabel teilen: E.ON sei besonders an den Verteilnetzen im Norden interessiert (Koszalin, Slupsk, Gdansk, Elblag, Olsztyn), während Electrabel das Augenmerk mehr auf Zentralpolen (Torn, Plock, Kalisz) richte.

Der schwedische Vattenfall-Konzern hat angekündigt, sein Engagement in Polen vorerst einzufrieren. Als Gründe nannte er ein unzureichende regulatorisches Umfeld und die schlechte Zahlungsmoral von Großkunden. Vattenfall besitzt 69 Prozent am Stromerzeuger Electrocieplownia Warszawa und eine Minderheitsbeteiligung am Verteiler GZE. (FTD. 11.9.; Handelsblatt, 17.10.)