Februar 2000

000211

ENERGIE-CHRONIK


EnBW verzichtet auf Berufung gegen das Urteil im Fall Waldshut-Tiengen

Wie die Energie Baden-Württemberg (EnBW) am 4.2. mitteilte, will sie die beim Oberlandesgericht Karlsruhe anhängige Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim vom April vorigen Jahres zurückziehen und damit nicht mehr auf einer höchstinstanzlichen Entscheidung ihres exemplarischen Rechtsstreits mit den Stadtwerken Waldshut-Tiengen bestehen. Das Landgericht hatte damals entschieden, dass alte Stromversorgungsverträge, die noch vor Inkrafttreten der Energierechtsnovelle am 29. April 1998 abgeschlossen wurden, ganz oder teilweise nichtig sind, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Klauseln über Gebietsaufteilung, Kundenschutz und Gesamtbedarfsdeckung enthalten (990401).

Die Stadt Waldshut-Tiengen am Oberrhein hatte 1996 mit dem Badenwerk einen der früher üblichen Stromversorgungsverträge geschlossen, in dem die Partner gegenseitigen Gebietsschutz vereinbarten und die Stadt sich verpflichtete, ihren gesamten Strombedarf beim Badenwerk zu decken. Der Vertrag sollte mindestens zehn Jahre gültig sein. Nach Inkrafttreten des neuen Energierechts, das die kartellrechtlichen Ausnahmebestimmungen für die Elektrizitäts- und Gaswirtschaft im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen beseitigte, wechselte die Stadt jedoch zur Schweizer Aare Tessin AG als neuem Lieferanten. Zugleich kündigte sie den alten Vertrag mit der Begründung, dass er durch die Liberalisierung des Strommarktes kündbar geworden sei. Der EnBW-Konzern, zu dem das Badenwerk inzwischen gehört, bestand dagegen auf der weiteren Gültigkeit des Vertrages. Über das Badenwerk und die EnBW Energie-Vertriebsgesellschaft mbH ließ er eine entsprechende Feststellungsklage beim Landgericht Mannheim einreichen. Zugleich verweigerte er über die EnBW Transportnetze AG der Aare Tessin AG die Durchleitung der vereinbarten Strommengen an die Stadtwerke Waldshut-Tiengen (990215). Das Bundeskartellamt leitete deshalb ein Missbrauchsverfahren ein (990307), ehe sich die EnBW in Anbetracht des Mannheimer Urteils zur Durchleitung bereit erklärte.

Über noch bestehende Ansprüche aus den alten Verträgen einigten sich die EnBW und die Stadtwerke Waldshut-Tiengen inzwischen außergerichtlich: Die Stadtwerke werden für den Zeitraum von Juli 1998 bis April 1999 Restzahlungen in Höhe von 258 000 Mark leisten.